07.10.2024 -
Allen Krisenherden dieser Welt zum Trotz erreichten die wichtigsten Börsenbarometer zuletzt neue historische Höchststände. Dabei gab es im vergangenen Quartal auch einige Turbulenzen. Wir wagen einen kurzen Blick zurück - und nach vorn.
Angesichts der positiven Entwicklung an den Börsen geraten zwischenzeitliche, markante Kursbewegungen bei der Bilanz des vergangenen Quartals schnell in Vergessenheit. Wer denkt etwa noch daran, dass Anfang August der japanische Aktienindex Nikkei 225 mit einem Minus von 12,4 Prozent den größten Tagesverlust seit dem Schwarzen Montag 1987 erlitt. Auch die Börsen in Europa und den USA kamen in der Folge unter Druck.
Ein unerwartet stark steigender Yen und schwächere US-Arbeitsmarktdaten brachten Investorinnen und Investoren in Bedrängnis, die mit billigen Yen-Krediten Anlagen im Ausland, vorzugsweise US-Aktien, finanziert hatten. Nachdem der Wert der in Yen denominierten Schulden stieg und die Kurse der US-Wertpapiere fielen, mussten einige Großspekulanten die Reißleine ziehen und ihre sogenannten "Carry Trades" auflösen. Der US-Aktienmarkt und die europäischen Börsen fielen innerhalb von drei Handelstagen um sechs Prozent.
Rückenwind von der NotenbankAllerdings waren die Turbulenzen nur von kurzer Dauer. Bereits Mitte August hatten sich die Wogen wieder geglättet, nachdem sich die US-Rezessionssorgen dank guter US-Einzelhandelsumsätze verflüchtigt hatten und der Yen seinen Aufwärtstrend stoppte. Nachdem US-Notenbankchef Jerome Powell beim alljährlichen Notenbanktreffen in Jackson Hole verkündete: "The time has come for policy to adjust." (freie Übersetzung: Die Zeit ist gekommen, um die Geldpolitik anzupassen), senkte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) im September den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf die neue Bandbreite von 4,75 bis 5,0 Prozent und stellte für den Rest des Jahres eine weitere Zinssenkung um 0,25 bis 0,50 Prozentpunkte in den Raum.
Die Erholung setzte sich fort und führte zu einem versöhnlichen Quartalsende an den Aktienmärkten. Einziger Wermutstropfen aus europäischer Sicht ist die Schwäche des US-Dollar, der im dritten Quartal rund vier Prozent gegenüber dem Euro verlor. Dennoch schaffte der MSCI World Index (in Euro gerechnet) auf Jahresbasis ein Plus von 17,6 Prozent und damit mehr als die meisten europäischen Börsen.
Für ein Ausrufezeichen sorgte einmal mehr der Goldpreis, der am 26. September einen historischen Höchststand von 2.672 US-Dollar je Feinunze erreichte und seit Jahresbeginn um 28 Prozent gestiegen ist (+27 Prozent in Euro).
Anleihen konnten erstmals im laufenden Jahr wieder ein wenig glänzen. Die Zinssenkungen der Notenbanken ließen die Renditen fallen, was den Wert bereits ausstehender Papiere hebt. Zinsertrag und Kursgewinne summierten sich seit Jahresbeginn auf gut drei Prozent (gemessen am Bloomberg Global Aggregate Index in Euro).
Rally ohne Grenzen?Setzt sich die positive Entwicklung an den Märkten fort? Gründe, die weitere Börsenentwicklung mit Skepsis zu betrachten, gibt es genug. Geopolitische Konflikte und Krisenherde, eine lahmende Wirtschaft in der Eurozone und China sowie eine ausufernde Staatsverschuldung sind nicht gerade der Stoff für ein Börsenmärchen.
Immerhin ist die US-Konjunktur noch robust genug, um die Weltwirtschaft zu stützen, auch wenn das Wachstum zum Teil schuldenfinanziert ist. Die Hoffnung, dass dies so bleibt, beruht auf einer vorauseilenden US-Notenbankpolitik, die eine mögliche Rezession mit spürbaren Zinssenkungen bereits im Keim erstickt. Wachstumszuversicht speist sich aus den erwarteten Impulsen einer neuen technologischen Revolution - der Künstlichen Intelligenz. China, so die Hoffnung, könnte wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren, wenn Maßnahmen gegen die strukturellen Wachstumsprobleme ergriffen würden, die weit über das bisherige Strohfeuer hinausgehen.
Zweifellos betrachten Investoren das Glas derzeit eher als halbvoll denn halbleer. Es herrscht Optimismus, aber keine Euphorie. Eine deutliche Kurskorrektur wäre keine Überraschung, doch der Zeitpunkt ist nur schwer prognostizierbar. Auf lange Sicht gilt: Die Bären haben (irgendwann) Recht, doch die Bullen haben das Geld. Deshalb ist es nie ratsam, "alles" zu verkaufen. Etwas trockenes Pulver scheint in der gegenwärtigen Marktphase dennoch angebracht.