Berlin (ots) -
Abschiede sind immer ein besonderer Moment. Aber manchmal ist dabei gar nicht klar, wie weitreichend sie eigentlich sind. Es kann sein, dass man eine vertraute Person aus den Augen verliert. Möglich ist aber auch, dass danach nichts mehr ist, wie es einmal war.
Am Freitag war US-Präsident Joe Biden in Berlin zu Gast. Seine Amtszeit nähert sich dem Ende, am 5. November wird in Amerika bekanntlich gewählt. Der Besuch des 81-Jährigen war eine besondere Geste: Da kam jemand und sagte "Goodbye", der sich über Jahrzehnte hinweg in verschiedenen Funktionen Verdienste um die deutsch-amerikanische Freundschaft erworben hat. Neben Gesprächen mit Bundespräsident Steinmeier und Kanzler Scholz stand auch ein Vierer-Treffen mit Scholz sowie dem französischen Staatschef Macron und dem britischen Premier Starmer auf dem Programm.
Wenn es gut läuft, haben die Europäer an diesem Freitag den Abschied von einem großen Transatlantiker der alten Schule erlebt. Von einem Mann, der selbst europäische Wurzeln hat und zutiefst davon überzeugt ist, dass die Sicherheit Amerikas und Europas unteilbar ist. Von einem Präsidenten, der die Nato nach den verlorenen Trump-Jahren und im Angesicht von Russlands Überfall auf die Ukraine revitalisiert hat. Und von einem Staatsmann, der nie blind war für die Herausforderungen der Zeit jenseits der Sicherheitspolitik - allen voran die Klimakrise.
Wenn es hingegen schlecht läuft, markiert dieser Freitag den Anfang vom Ende des alten Westens. Bei den Präsidentschaftswahlen in den USA geht es auch um die Frage, ob die besondere Beziehung zwischen den Staaten auf beiden Seiten des Atlantiks Bestand haben wird.
Aus der ersten Amtszeit von Donald Trump weiß man, dass dieser die Nato mitsamt ihren Sicherheitsgarantien für eine kostspielige, im Grunde überflüssige Angelegenheit hält. Gewinnt Trump, ist damit zu rechnen, dass er die US-Militärhilfe für die Ukraine umgehend einstellt und das Land Wladimir Putin zum Fraß vorwirft. Die Folgen für die Sicherheit Europas wären verheerend. Es kann sein, dass die Europäer bereits in wenigen Monaten vor der Aufgabe stehen werden, dem russischen Imperialismus allein die Stirn bieten zu müssen.
Gewinnt die Demokratin Kamala Harris, wird all das nicht eintreten. Harris verspricht Kontinuität in den transatlantischen Beziehungen. Wird die amtierende Vizepräsidentin neue Chefin im Weißen Haus, wird der alte Westen überleben.
Doch auch unter einer Präsidentin Harris werden auf Deutschland und die europäischen Nato-Partner neue Herausforderungen zukommen. Die Zeiten, in denen man die eigene Sicherheit kostengünstig an die Amerikaner auslagern konnte, sind vorbei. Spätestens seit Barack Obama haben sämtliche US-Präsidenten von den Europäern mehr Anstrengungen für die Bündnisverteidigung eingefordert. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg ist viel geschehen, doch das dürfte auf Dauer kaum reichen. Auch unter demokratischer Führung werden die Amerikaner darauf bestehen, dass die Europäer ihre Streitkräfte so weit ertüchtigen, dass sie Russland konventionell abschrecken können. Die USA wollen und müssen sich auf China konzentrieren. Die Frage ist aus europäischer Sicht eher, ob das ein geordneter, mehrjähriger Prozess sein wird - oder ob ein unberechenbarer Narzisst wie Trump von jetzt auf gleich den Stecker zieht und "Nach mir die Sintflut!" ruft.
Machen Sie es gut, Präsident Biden! Die Europäer verdanken Ihnen viel.
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Abschiede sind immer ein besonderer Moment. Aber manchmal ist dabei gar nicht klar, wie weitreichend sie eigentlich sind. Es kann sein, dass man eine vertraute Person aus den Augen verliert. Möglich ist aber auch, dass danach nichts mehr ist, wie es einmal war.
Am Freitag war US-Präsident Joe Biden in Berlin zu Gast. Seine Amtszeit nähert sich dem Ende, am 5. November wird in Amerika bekanntlich gewählt. Der Besuch des 81-Jährigen war eine besondere Geste: Da kam jemand und sagte "Goodbye", der sich über Jahrzehnte hinweg in verschiedenen Funktionen Verdienste um die deutsch-amerikanische Freundschaft erworben hat. Neben Gesprächen mit Bundespräsident Steinmeier und Kanzler Scholz stand auch ein Vierer-Treffen mit Scholz sowie dem französischen Staatschef Macron und dem britischen Premier Starmer auf dem Programm.
Wenn es gut läuft, haben die Europäer an diesem Freitag den Abschied von einem großen Transatlantiker der alten Schule erlebt. Von einem Mann, der selbst europäische Wurzeln hat und zutiefst davon überzeugt ist, dass die Sicherheit Amerikas und Europas unteilbar ist. Von einem Präsidenten, der die Nato nach den verlorenen Trump-Jahren und im Angesicht von Russlands Überfall auf die Ukraine revitalisiert hat. Und von einem Staatsmann, der nie blind war für die Herausforderungen der Zeit jenseits der Sicherheitspolitik - allen voran die Klimakrise.
Wenn es hingegen schlecht läuft, markiert dieser Freitag den Anfang vom Ende des alten Westens. Bei den Präsidentschaftswahlen in den USA geht es auch um die Frage, ob die besondere Beziehung zwischen den Staaten auf beiden Seiten des Atlantiks Bestand haben wird.
Aus der ersten Amtszeit von Donald Trump weiß man, dass dieser die Nato mitsamt ihren Sicherheitsgarantien für eine kostspielige, im Grunde überflüssige Angelegenheit hält. Gewinnt Trump, ist damit zu rechnen, dass er die US-Militärhilfe für die Ukraine umgehend einstellt und das Land Wladimir Putin zum Fraß vorwirft. Die Folgen für die Sicherheit Europas wären verheerend. Es kann sein, dass die Europäer bereits in wenigen Monaten vor der Aufgabe stehen werden, dem russischen Imperialismus allein die Stirn bieten zu müssen.
Gewinnt die Demokratin Kamala Harris, wird all das nicht eintreten. Harris verspricht Kontinuität in den transatlantischen Beziehungen. Wird die amtierende Vizepräsidentin neue Chefin im Weißen Haus, wird der alte Westen überleben.
Doch auch unter einer Präsidentin Harris werden auf Deutschland und die europäischen Nato-Partner neue Herausforderungen zukommen. Die Zeiten, in denen man die eigene Sicherheit kostengünstig an die Amerikaner auslagern konnte, sind vorbei. Spätestens seit Barack Obama haben sämtliche US-Präsidenten von den Europäern mehr Anstrengungen für die Bündnisverteidigung eingefordert. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg ist viel geschehen, doch das dürfte auf Dauer kaum reichen. Auch unter demokratischer Führung werden die Amerikaner darauf bestehen, dass die Europäer ihre Streitkräfte so weit ertüchtigen, dass sie Russland konventionell abschrecken können. Die USA wollen und müssen sich auf China konzentrieren. Die Frage ist aus europäischer Sicht eher, ob das ein geordneter, mehrjähriger Prozess sein wird - oder ob ein unberechenbarer Narzisst wie Trump von jetzt auf gleich den Stecker zieht und "Nach mir die Sintflut!" ruft.
Machen Sie es gut, Präsident Biden! Die Europäer verdanken Ihnen viel.
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