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Die Aktie von thyssenkrupp steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit - getrieben von politischen Entwicklungen, strategischen Entscheidungen und unsicheren Zukunftsaussichten. Während der Industriekonzern auf den Ausbau von grünem Stahl setzt, bringen Marktumstellungen und Verhandlungen mit Investoren potenzielle Risiken mit sich. Doch gerade in Zeiten der Unsicherheit könnten sich Chancen für einen Reboundtrade bieten. Dieser Bericht beleuchtet die aktuellen Herausforderungen, die zukünftigen Perspektiven und die potenziellen Gewinnmöglichkeiten für Investoren, die einen Blick auf die Aktien von thyssenkrupp wagen.
Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen
Die letzten Tage, Wochen und Monate waren für thyssenkrupp von Unsicherheit und Veränderungen geprägt. Nach dem Verkauf seiner indischen Stahlproduktion an ein Konsortium aus JSW Steel und JFE Steel Corporation für rund 440 Millionen Euro steht der Konzern weiterhin vor erheblichen Herausforderungen. Der strategische Verkauf soll die Kapitalausstattung der Stahlsparte verbessern und in die grüne Transformation fließen. Doch der Kurs des Managements bleibt riskant, da insbesondere das Milliardenprojekt "Grüner Stahl" auf wackeligen Beinen steht.
In Deutschland werden politische Rahmenbedingungen für die Transformation der Stahlindustrie gesetzt, um eine klimaneutrale Zukunft zu sichern. thyssenkrupp spielte in diesem Zusammenhang lange eine zentrale Rolle. Die Umstellung auf eine wasserstoffbasierte Stahlproduktion galt als Vorzeigeprojekt. Doch mit den Verhandlungen über ein Joint Venture mit dem tschechischen Investor Daniel Kretinsky könnte das Projekt nunmehr ins Wanken geraten. Kretinsky hält bereits 20 % des Unternehmens und verhandelt sogar über den Erwerb von weiteren 30 %. Sollte dieser Teilverkauf der Stahlsparte realisiert werden, könnte dies das Aus für den "grünen Stahl" bei thyssenkrupp in Zukunft bedeuten. Eine Abbruchentscheidung würde nicht nur die Rückzahlung von bereits geflossenen Fördergeldern nach sich ziehen, sondern auch den industriellen Umbau in Deutschland weit zurückwerfen.
Parallel dazu belastet die allgemeine Unsicherheit im Energiemarkt die Wasserstoffpläne des Unternehmens. Der Netzbetreiber OGE warnte kürzlich davor, dass der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland nicht völlig reibungslos verläuft und thyssenkrupp eine Schlüsselrolle in diesem Prozess spielt. Verzögerungen oder gar das komplette Scheitern des Projekts hätten weitreichende Folgen, nicht nur für den Konzern, sondern auch für die gesamte deutsche Stahlindustrie.
Fundamentale und finanzielle Lage
Die Zahlen für die ersten neun Monate des Geschäftsjahres 2023/2024 spiegeln die Herausforderungen des Konzerns wider. Der Umsatz sank um 9 % auf 26,2 Milliarden Euro, während das EBITDA um 44 % auf 787 Millionen Euro einbrach. Auch das EBIT rutschte tief ins Minus, was zeigt, dass der Konzern unter erheblichen operativen Schwierigkeiten leidet. Besonders gravierend: Der Periodenfehlbetrag von 410 Millionen Euro macht klar, dass thyssenkrupp mit den aktuellen Rahmenbedingungen schwer zu kämpfen hat. Ein weiteres Warnsignal ist der Rückgang des Eigenkapitals um 16 % auf 11,67 Milliarden Euro.
Trotz dieser Zahlen bleibt der Konzern liquide und verfügt über ein Netto-Finanzguthaben von 3,19 Milliarden Euro. Dies ist ein wichtiger Puffer in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit. Dennoch bleibt die Frage offen, ob thyssenkrupp in der Lage sein wird, seine strategischen Ziele zu erreichen und die Wende zu schaffen, bevor das finanzielle Polster aufgebraucht ist.
Zusätzlich belastet die steigende Konkurrenz im globalen Markt die Position des Unternehmens. Insbesondere in China, wo die Industrie subventioniert wird, bleibt die Transformation zur klimafreundlichen Stahlproduktion ein schwieriger und oft unrentabler Prozess. Dennoch könnte sich für thyssenkrupp langfristig eine Chance bieten, sich als Vorreiter für grünen Stahl zu positionieren - vorausgesetzt, das Unternehmen überwindet die aktuellen Hürden und die politische Unterstützung bleibt bestehen.
Charttechnische Analyse und Reboundpotenzial
Neben den fundamentalen Herausforderungen gibt es interessante Entwicklungen in der technischen Analyse der thyssenkrupp-Aktie. Nach einem deutlichen Rücksetzer in den letzten Monaten deutet sich ein Bodenbildungsmuster an. Besonders der kräftige Wochenabschluss am 19. Oktober 2024, bei dem die Aktie um mehr als 9 % zulegte, weckte die Hoffnung auf einen nachhaltigen Rebound. Politische Nachrichten und die positive Entwicklung im Rüstungssektor könnten dazu beigetragen haben, dass Investoren wieder Vertrauen in den Titel fassen.
Aus charttechnischer Sicht könnte sich nun eine interessante Gelegenheit für längerfristig orientierte Trader ergeben. Sollten die 200-Tage-Linie und die Marke von 5 Euro nachhaltig überwunden werden, wäre der Weg frei für einen Kursanstieg in Richtung knapp unter 7 Euro. Dabei handelt es sich um einen Widerstandsbereich, der bereits mehrfach getestet wurde und der Aktie erneut als Ziel dienen könnte. Angesichts der jüngsten Nachrichten und der starken Kursentwicklung gegen Ende der Handelswoche besteht die Möglichkeit, dass dieser Bereich in den kommenden Wochen wieder erreicht wird. Dies deutet auch der RSI an, der oberhalb der 50er Marke ein positives Signal für einen weiteren Anstieg sendet.
Für einen Reboundtrade spricht zudem das nach wie vor vorhandene Potenzial im Bereich grüner Stahl und die langfristigen Pläne des Unternehmens, die stark von politischen Rahmenbedingungen abhängig sind. Sollten sich die Verhandlungen mit Kretinsky und die Umstellung auf wasserstoffbasierte Produktion positiv entwickeln, könnte dies zusätzliche Impulse für die Aktie liefern.
Rebound-Chance bei thyssenkrupp nutzen?
Trotz der aktuellen Herausforderungen und der unsicheren Zukunftsperspektiven lohnt es sich, die Aktie von thyssenkrupp genauer zu beobachten. Die fundamentalen Zahlen sind zwar aktuell alles andere als rosig, doch die langfristige Transformation hin zu grünem Stahl und die technischen Rebound-Signale bieten Potenzial für risikofreudige Anleger. Besonders interessant erscheint die Aktie als längerfristiger Reboundtrade, mit einem Kursziel knapp unter 7 Euro. Allerdings sollten Investoren die politische Entwicklung und die Verhandlungen um die Stahlproduktion genau im Blick behalten, bevor sie in den Titel einsteigen. Aktuell lohnt sich höchstwahrscheinlich das Einsammeln der Aktie auf dem aktuellen Niveau und dann liegenlassen und abwarten. Erst Kurse unterhalb der 2,85 Euro trüben das charttechnische Bild stark ein.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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