Berlin (ots) -
Dem Aufbruch folgte umgehend der Einbruch. Kaum war Die Linke nach dem Parteitag in Halle zurück im Alltag, saß sie gleich wieder tief im Schlamassel. Der Austritt von fünf namhaften Berliner Abgeordneten hat die Begrenztheit der Vermittlungsbemühungen um Antisemitismus und Nahost-Konflikt deutlich gemacht.
Kein anderes Konfliktthema hat diese Sprengkraft, das Potenzial, alles andere zu verdrängen. Die politische und emotionale Belastung ist riesig, angesichts der historischen deutschen Schuld, angesichts auch von dramatischen Familiengeschichten und persönlichen Beziehungen nach Israel wie nach Palästina. Und angesichts der Tatsache, dass jenseits der schwierigen, ehrlichen Debatte das Thema Antisemitismus von außen auch als politische Brechstange benutzt wird, um zu diskreditieren und zu spalten. Dass die Grenzen zwischen dem einen und dem anderen fließend sind, macht es noch komplizierter.
Der Bremer Landesvorsitzende Christoph Spehr hat es treffend beschrieben: Alles, was in dieser Auseinandersetzung gesagt wird, läuft Gefahr falsch verstanden zu werden, weil es von der anderen Seite in Dienst genommen wird. Hinzu kommt, dass die Mitgliedschaft der Linken sich in den letzten Jahren verändert hat; sie ist migrantischer geworden, vor allem in den großen Städten. Das verändert den Blick auf Debatten. Hört man dort zu, dann wird klar, dass die Trennung der Antisemitismus-Diskussion vom Streit über den Nahost-Konflikt, auf die mancher Wert legt, höchstens eine akademische Unterscheidung ist. Der Krieg im Nahen Osten liefert täglich neue Anlässe für die Auseinandersetzung um Antisemitismus.
Das Verbindende in einer linken Auseinandersetzung sollte einerseits die Solidarität mit den Opfern auf beiden Seiten sein, mit den Menschen, die von Ausgrenzung in jeglicher Form betroffen sind und unter dem Krieg leiden. Und andererseits die Gegnerschaft zu allen, die Ausgrenzung und Krieg betreiben, weil sie davon profitieren; auch dies auf beiden Seiten. Mag sein, dass sich die Debattenfronten auch um den Preis von Austritten weiter sortieren müssen. Und dass dabei vieles andere, wofür eine linke Partei stehen sollte und was in dieser Gesellschaft in Zeiten von Krieg, Rechtsruck und Sozialchauvinismus dringend gebraucht wird, weiter in den Hintergrund rutscht.
Derzeit erleben mehrere Parteien spürbare Erschütterungen. Es sind dies Ausläufer der globalen Krisen, die uns im Zeitalter der Vernetzung immer unmittelbarer betreffen. Aber nirgendwo wird die Auseinandersetzung so scharf geführt wie in der Linken seit der Abspaltung von Wagenknecht und Co. Und keine Partei - außer der FDP - hat bei diesen Kämpfen ein so knappes demoskopisches Hinterland. Wobei die FDP in gewissen Grenzen darauf hoffen darf, dass sie von interessierten Medien wieder hochgeschrieben wird, wie auch das BSW von erdenklicher medialer Anschubhilfe profitierte.
Der Linken steht das kaum in Aussicht. Im Gegenteil findet die mediale Lust am Untergang mit der Krise der Linkspartei ein dankbares Thema. Das bedeutet nicht, dass vor allem äußere Einflüsse Die Linke stören, behindern, zerstören. Aber das bedeutet, dass - wie es in der "Internationale" heißt, die bis heute auf Linke-Parteitagen gesungen wird - kein fremdes Wesen diese Partei retten wird. Aus dem Elend muss sie sich schon selbst erlösen.
Der kollektive Austritt namhafter Politiker kurz nach dem Parteitag in Halle ist eine demonstrative Geste. Sie verweist auf weiter ungeklärte Fragen und hält den Kompromissbeschluss von Halle schon mal über den Papierkorb. Niemand redet derzeit darüber, wie Die Linke wieder eine ernst zu nehmende politische Kraft wird. Eine desolate Lage in einem Moment, da eigentlich die Grundlagen für den Bundestagswahlkampf gelegt werden sollen. Unter anderem mit einer Haustürkampagne, um zentrale Wahlkampfthemen herauszufiltern. An wie vielen Tausend Türen darf die Basis jetzt klingeln, fragte jemand in einem Online-Forum, um den jüngsten Imageschaden zu beheben?
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Dem Aufbruch folgte umgehend der Einbruch. Kaum war Die Linke nach dem Parteitag in Halle zurück im Alltag, saß sie gleich wieder tief im Schlamassel. Der Austritt von fünf namhaften Berliner Abgeordneten hat die Begrenztheit der Vermittlungsbemühungen um Antisemitismus und Nahost-Konflikt deutlich gemacht.
Kein anderes Konfliktthema hat diese Sprengkraft, das Potenzial, alles andere zu verdrängen. Die politische und emotionale Belastung ist riesig, angesichts der historischen deutschen Schuld, angesichts auch von dramatischen Familiengeschichten und persönlichen Beziehungen nach Israel wie nach Palästina. Und angesichts der Tatsache, dass jenseits der schwierigen, ehrlichen Debatte das Thema Antisemitismus von außen auch als politische Brechstange benutzt wird, um zu diskreditieren und zu spalten. Dass die Grenzen zwischen dem einen und dem anderen fließend sind, macht es noch komplizierter.
Der Bremer Landesvorsitzende Christoph Spehr hat es treffend beschrieben: Alles, was in dieser Auseinandersetzung gesagt wird, läuft Gefahr falsch verstanden zu werden, weil es von der anderen Seite in Dienst genommen wird. Hinzu kommt, dass die Mitgliedschaft der Linken sich in den letzten Jahren verändert hat; sie ist migrantischer geworden, vor allem in den großen Städten. Das verändert den Blick auf Debatten. Hört man dort zu, dann wird klar, dass die Trennung der Antisemitismus-Diskussion vom Streit über den Nahost-Konflikt, auf die mancher Wert legt, höchstens eine akademische Unterscheidung ist. Der Krieg im Nahen Osten liefert täglich neue Anlässe für die Auseinandersetzung um Antisemitismus.
Das Verbindende in einer linken Auseinandersetzung sollte einerseits die Solidarität mit den Opfern auf beiden Seiten sein, mit den Menschen, die von Ausgrenzung in jeglicher Form betroffen sind und unter dem Krieg leiden. Und andererseits die Gegnerschaft zu allen, die Ausgrenzung und Krieg betreiben, weil sie davon profitieren; auch dies auf beiden Seiten. Mag sein, dass sich die Debattenfronten auch um den Preis von Austritten weiter sortieren müssen. Und dass dabei vieles andere, wofür eine linke Partei stehen sollte und was in dieser Gesellschaft in Zeiten von Krieg, Rechtsruck und Sozialchauvinismus dringend gebraucht wird, weiter in den Hintergrund rutscht.
Derzeit erleben mehrere Parteien spürbare Erschütterungen. Es sind dies Ausläufer der globalen Krisen, die uns im Zeitalter der Vernetzung immer unmittelbarer betreffen. Aber nirgendwo wird die Auseinandersetzung so scharf geführt wie in der Linken seit der Abspaltung von Wagenknecht und Co. Und keine Partei - außer der FDP - hat bei diesen Kämpfen ein so knappes demoskopisches Hinterland. Wobei die FDP in gewissen Grenzen darauf hoffen darf, dass sie von interessierten Medien wieder hochgeschrieben wird, wie auch das BSW von erdenklicher medialer Anschubhilfe profitierte.
Der Linken steht das kaum in Aussicht. Im Gegenteil findet die mediale Lust am Untergang mit der Krise der Linkspartei ein dankbares Thema. Das bedeutet nicht, dass vor allem äußere Einflüsse Die Linke stören, behindern, zerstören. Aber das bedeutet, dass - wie es in der "Internationale" heißt, die bis heute auf Linke-Parteitagen gesungen wird - kein fremdes Wesen diese Partei retten wird. Aus dem Elend muss sie sich schon selbst erlösen.
Der kollektive Austritt namhafter Politiker kurz nach dem Parteitag in Halle ist eine demonstrative Geste. Sie verweist auf weiter ungeklärte Fragen und hält den Kompromissbeschluss von Halle schon mal über den Papierkorb. Niemand redet derzeit darüber, wie Die Linke wieder eine ernst zu nehmende politische Kraft wird. Eine desolate Lage in einem Moment, da eigentlich die Grundlagen für den Bundestagswahlkampf gelegt werden sollen. Unter anderem mit einer Haustürkampagne, um zentrale Wahlkampfthemen herauszufiltern. An wie vielen Tausend Türen darf die Basis jetzt klingeln, fragte jemand in einem Online-Forum, um den jüngsten Imageschaden zu beheben?
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