Monatelang konnten Anleger ihre Uhr danach stellen, dass wenn die Wall Street steigt, auch der Deutsche Aktienindex mit nach oben läuft. Die politischen Ereignisse der vergangenen 48 Stunden haben diesen Automatismus vorerst beendet. Der doppelte politische Schock mit dem historischen Erdrutschsieg von Donald Trump und dem Ende der Ampelregierung in Berlin sitzt tief und ist nur schwer zu verdauen. Anleger schalten reflexartig um und schichten Kapital nach New York und in Kryptowährungen um, flüchten aus Gold und in den Dollar, meiden den DAX, verkaufen chinesische Aktien. Entwicklungen, die nicht so aussehen, als würden sie morgen wieder zurückgenommen. Das sieht eher nach Aktionen aus, die von langer Hand geplant und jetzt umgesetzt werden. Es sind Verschiebungen, die aller Voraussicht nach nachhaltig sind. Was vor den US-Wahlen noch zögerlich geschah, wird jetzt voll umgesetzt: Investoren gehen im Trump-Trade "All in".
Die Dynamik dürfte auch damit zusammenhängen, dass heute Abend eine weitere Leitzinssenkung der Fed um 25 Basispunkte kommen wird. Die Wall Street hofft darauf, dass eine Rezession ausbleibt und setzt auf eine weiche Landung, vielleicht sogar auf das von Trump versprochene goldene Zeitalter für die USA. Man nimmt es Trump, der nun auch den Senat auf seiner Seite weiß, einfach ab, dass er mit Steuersenkungen und Deregulierung mehr Wachstum erzeugen kann. Ein Anstieg der Renditen am Anleihemarkt zeigt aber auch die Kehrseite der Medaille: Trumps Versprechen werden viel Geld kosten und sind ohne Neuverschuldung nicht zu machen. Trump aber muss sich im Gegensatz zur Ampel nicht um Geld streiten. Er muss aber im Blick behalten, dass ein zu starker Renditeanstieg geldpolitischen Lockerungen der Fed diametral entgegenstehen und das Wachstum bremsen wird.
Die Verunsicherung im DAX ist hingegen fast greifbar. Gestern zunächst noch mit einer Rally der Wall Street nach oben gefolgt, ließen ihn dann allen voran die Autoaktien abstürzen und sich nicht mehr erholen. Skepsis und Zweifel dominieren auf dem Frankfurter Parkett. Wie vor acht Jahren fragen sich viele, wie es dazu kommen konnte. Klar ist durch Trumps Erdrutschsieg: Ein "Weiter so" wird es nicht geben. Die Dringlichkeit dieser Botschaft war wohl auch das Sahnehäubchen, das zum Bruch der Ampelregierung führte. Die Aussicht auf Neuwahlen im März weckt nun zwar leise Hoffnungen auf eine neue Dynamik in der deutschen Wirtschaftspolitik. Dies wurde der Ampelkoalition nicht mehr zugetraut. Ob es aber klug war, ausgerechnet in der jetzigen Situation ein Machtvakuum in Berlin entstehen zu lassen, statt bis zur regulären Bundestagswahl weiter zu regieren, wird sich wohl erst im Rückblick zeigen.
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