BERLIN (dpa-AFX) - Die FDP kann im anstehenden Bundestagswahlkampf nicht mit Schützenhilfe der Union rechnen. "Es wird keine Zweistimmen-Hilfe von uns für die FDP geben. Insbesondere bei dem gegenwärtigen Wahlrecht haben wir nichts zu verschenken", sagte CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz dem Magazin "Stern". Sollten die Liberalen nur bei vier Prozent liegen, wären es aus Sicht von Merz "vier Prozent zu viel für die FDP und verschenkte Stimmen", die am Ende der Union fehlten. "Die FDP ist unser politischer Wettbewerber, wie alle anderen auch im demokratischen Spektrum der Mitte", betonte Merz.
Das Parteiensystem ist nach den Worten des CDU-Chefs stark in Bewegung. Rein rechnerisch könnten schon 42 oder 43 Prozent der Wählerstimmen für eine absolute Mehrheit der Mandate reichen. "Aber davon sind wir noch ein gehöriges Stück weit entfernt", sagte Merz.
Im Sonntagstrend des Insa-Instituts für die "Bild am Sonntag" kommt die Union wie in der Vorwoche auf 32 Prozent. Die SPD erreicht 15 Prozent, die Grünen 10 und die FDP 4 Prozent. Die AfD wäre zweitstärkste Kraft mit 19 Prozent. Die Linke käme auf 4, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auf 7 Prozent.
Habeck ein "angenehmer Gesprächspartner"
Ein Gegner im Wahlkampf für die Union sind die Grünen mit Wirtschaftsminister Robert Habeck an der Spitze. Womöglich bräuchte die Union die Grünen aber auch bei der Regierungsbildung. Merz äußerte sich im Interview zu seinem persönlichen Verhältnis zu Habeck und nannte diesen einen "angenehmen Gesprächspartner".
Der CDU-Chef stellte zugleich klar, dass seine Bezeichnung "Kinderbuchautor" für Habeck ihm als Herabwürdigung ausgelegt, aber so nicht gemeint gewesen sei. Er wiederhole das Wort nicht. "Er ist studierter Philosoph, promovierter Literaturwissenschaftler und hat Bücher geschrieben. Menschlich kommen wir klar, politisch sind wir ziemlich weit auseinander", betonte Merz.
Steuer auf dem Handy ausrechnen
Der CDU-Chef positionierte sich zugleich inhaltlich zu mehreren Fragen. Nötig sei eine "echte Arbeitsmarktreform" mit einem neuen System der Grundsicherung. Die Arbeitsmarktpolitik müsse auch wieder zurück ins Wirtschaftsministerium. Die Frage nach einem Tempolimit beantwortete Merz mit "eher nein". Beim Mindestlohn verwies er auf die entsprechende Tarifkommission, mahnte aber, es bleibe den Menschen zu wenig Netto vom Brutto.
Das Einkommenssteuerrecht für private Haushalte solle stark vereinfacht werden. "Am Ende muss man seine Steuern auf dem Handy ausrechnen können", betonte Merz. 2003 hatte eine Steuererklärung, die auf einen Bierdeckel passen sollte, Merz zu Schlagzeilen verholfen./shy/DP/he