Berlin (ots) -
Stell dir vor, du warst auf einer einsamen Insel und kommst jetzt zurück nach Deutschland. Du schnallst sofort: Die Ampel ist geplatzt. Dann willst du wissen, was seitdem passiert ist. Die Kurzform klingt wie ein Megazoff im Sandkasten.
Tag 1: Der Kanzler will mit der Union noch ein paar Gesetze durchbringen, dann am 15. Januar die Vertrauensfrage stellen. Tag 2: Die Union will das Gegenteil. Erst die Vertrauensfrage, dann ein paar Gesetze. Tag 3: Olaf Scholz zeigt sich beim Termin verhandlungsbereit, es soll aber weiter nach seiner Reihenfolge ablaufen. Friedrich Merz lehnt das ab. Tag 5: Scholz geht ins Fernsehen und erklärt, dass er schon vor Weihnachten die Vertrauensfrage stellen könnte, wenn sich alle einigen. Tag 6: Die Union lehnt das ab und fordert vom Kanzler, die Vertrauensfrage noch an diesem Mittwoch zu stellen. Scholz lehnt das seinerseits wieder ab.
Leute, was soll das werden? Ein öffentlicher Kuhhandel? Ein politscher Basar?
Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man Witze darüber machen. Erfahrene Eltern kennen eine Menge Tricks, wie man solche Krisenlagen auflöst. Manchmal reicht schon ein Schokoriegel. Doch hier ist niemand unterzuckert. Hier sind alle hellwach und verhalten sich trotzdem so. Es ist unwürdig. Und es ist brandgefährlich.
Denn die entscheidende Frage ist doch schon längst nicht mehr, ob Scholz Mitte November, Mitte Dezember oder Mitte Januar die Vertrauensfrage stellt. Die Frage ist, welche Wirkung dieser absurde Zoff über den Zeitplan auf alle anderen hat. Die Antwort ist leider ziemlich klar: Die Deutschen sitzen nicht entspannt mit Popcorn in der Hand auf dem Sofa und feuern wahlweise Olaf Scholz oder Friedrich Merz an.
Die meisten haben weder die Lust noch die Energie noch die Zeit zu verstehen, warum man sich in einer schwierigen Lage unter Demokraten nicht still und verantwortungsbewusst auf einen guten Kompromiss einigen kann - den man im besten Fall sogar gemeinsam kommuniziert: Termin für die Vertrauensfrage plus Verabredung auf ein paar wichtige Gesetze, die noch schnell über die Bühne müssen. Zum Beispiel: der Schutz des Verfassungsgerichts vor Extremisten. Klappt das jetzt nicht mehr, kann es sein, dass es nie mehr klappt. Sollten sich die Mehrheitsverhältnisse nach der nächsten Bundestagswahl so ändern, dass die Hüter des Verfassungsgerichts keine Zweidrittelmehrheit mehr zusammenbekommen, dann war's das mit dem besseren Schutz für Karlsruhe.
Um es ganz klar zu sagen: Die Deutschen wollen keine Popcorn-Politik. Und sie haben ein gutes Gespür dafür, dass es keine gute Idee ist, in Berlin Kraft mit einer öffentlichen Schlammschlacht zu verschwenden, während sich in Washington Donald Trump zum Regieren bereit macht. Sie wollen auch nicht am Sonntagabend ein ganze Stunde lang dem Kanzler zuhören und sich am Ende fragen, was er denn gemeint haben könnte und wie das alles nun weitergeht. Sie wollen Klarheit und die Aussicht auf eine schnell wieder voll handlungsfähige Regierung.
In einer idealen Welt würden sich Scholz und Merz jetzt ein zweites Mal treffen, die Egos an der Garderobe lassen und einen gemeinsamen Plan machen. Das hätte Größe. Das würde auch den Populisten den Wind aus den Segeln nehmen, die sich doch längst die Hände reiben - Motto: Seht her, die können's einfach nicht.
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Tag 1: Der Kanzler will mit der Union noch ein paar Gesetze durchbringen, dann am 15. Januar die Vertrauensfrage stellen. Tag 2: Die Union will das Gegenteil. Erst die Vertrauensfrage, dann ein paar Gesetze. Tag 3: Olaf Scholz zeigt sich beim Termin verhandlungsbereit, es soll aber weiter nach seiner Reihenfolge ablaufen. Friedrich Merz lehnt das ab. Tag 5: Scholz geht ins Fernsehen und erklärt, dass er schon vor Weihnachten die Vertrauensfrage stellen könnte, wenn sich alle einigen. Tag 6: Die Union lehnt das ab und fordert vom Kanzler, die Vertrauensfrage noch an diesem Mittwoch zu stellen. Scholz lehnt das seinerseits wieder ab.
Leute, was soll das werden? Ein öffentlicher Kuhhandel? Ein politscher Basar?
Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man Witze darüber machen. Erfahrene Eltern kennen eine Menge Tricks, wie man solche Krisenlagen auflöst. Manchmal reicht schon ein Schokoriegel. Doch hier ist niemand unterzuckert. Hier sind alle hellwach und verhalten sich trotzdem so. Es ist unwürdig. Und es ist brandgefährlich.
Denn die entscheidende Frage ist doch schon längst nicht mehr, ob Scholz Mitte November, Mitte Dezember oder Mitte Januar die Vertrauensfrage stellt. Die Frage ist, welche Wirkung dieser absurde Zoff über den Zeitplan auf alle anderen hat. Die Antwort ist leider ziemlich klar: Die Deutschen sitzen nicht entspannt mit Popcorn in der Hand auf dem Sofa und feuern wahlweise Olaf Scholz oder Friedrich Merz an.
Die meisten haben weder die Lust noch die Energie noch die Zeit zu verstehen, warum man sich in einer schwierigen Lage unter Demokraten nicht still und verantwortungsbewusst auf einen guten Kompromiss einigen kann - den man im besten Fall sogar gemeinsam kommuniziert: Termin für die Vertrauensfrage plus Verabredung auf ein paar wichtige Gesetze, die noch schnell über die Bühne müssen. Zum Beispiel: der Schutz des Verfassungsgerichts vor Extremisten. Klappt das jetzt nicht mehr, kann es sein, dass es nie mehr klappt. Sollten sich die Mehrheitsverhältnisse nach der nächsten Bundestagswahl so ändern, dass die Hüter des Verfassungsgerichts keine Zweidrittelmehrheit mehr zusammenbekommen, dann war's das mit dem besseren Schutz für Karlsruhe.
Um es ganz klar zu sagen: Die Deutschen wollen keine Popcorn-Politik. Und sie haben ein gutes Gespür dafür, dass es keine gute Idee ist, in Berlin Kraft mit einer öffentlichen Schlammschlacht zu verschwenden, während sich in Washington Donald Trump zum Regieren bereit macht. Sie wollen auch nicht am Sonntagabend ein ganze Stunde lang dem Kanzler zuhören und sich am Ende fragen, was er denn gemeint haben könnte und wie das alles nun weitergeht. Sie wollen Klarheit und die Aussicht auf eine schnell wieder voll handlungsfähige Regierung.
In einer idealen Welt würden sich Scholz und Merz jetzt ein zweites Mal treffen, die Egos an der Garderobe lassen und einen gemeinsamen Plan machen. Das hätte Größe. Das würde auch den Populisten den Wind aus den Segeln nehmen, die sich doch längst die Hände reiben - Motto: Seht her, die können's einfach nicht.
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