FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Erholungsrally der Siemens-Energy-Aktie im bisherigen Jahresverlauf bleibt atemberaubend. War sie 2023 mit einem Kursverlust von fast einem Drittel noch unter den größten Flops im Börsenbarometer Dax, hat sich der Kurs 2024 vervierfacht. Am Montag ging es für das Papier des Energietechnik-Unternehmens mit 48,33 Euro auf das nächste Rekordhoch.
Mehrere positive Analystenkommentare treiben die Papiere an. Schließlich hatte Siemens Energy am Mittwoch zur Zahlenvorlage die Mittelfristziele angehoben. Außerdem gab es zusätzliche positive Äußerungen nach einer Informationsveranstaltung der Deutschen Bank mit der Finanzchefin Maria Ferraro.
Um die Mittagszeit gab die Aktie zwar um 1,2 Prozent auf 46,42 Euro nach. Dem fulminanten Kursplus von fast 300 Prozent seit dem Jahreswechsel tat das aber kaum Abbruch: Siemens Energy bleibt mit großem Abstand einsamer Spitzenwert im Dax. Rheinmetall folgt an zweiter Stelle mit einer Kurs-Verdopplung.
Für zeitweise frischen Wind sorgten am Morgen Analystenkommentare von Goldman Sachs, Morgan Stanley und der Deutschen Bank. Allesamt bekräftigten sie nicht nur ihre positiven Einschätzungen, sondern hoben zugleich ihre Kursziele deutlich an: Morgan Stanley auf 53 Euro und Goldman Sachs auf 56 Euro. Die Deutsche Bank hob ihres sogar auf 57 Euro an, womit es für die Aktie noch rund 20 Prozent Luft nach oben signalisiert.
Gael de-Bray von der Deutschen Bank hält nach einem Gespräch mit Finanzchefin Ferraro die Margen-Annahmen des Konzerns für die Geschäfte mit Gas, Netz-Technologie und Wind für "ziemlich konservativ" und hob seine Gewinnschätzungen erneut an. Goldman-Experte Ajay Patel erwartet, dass sich mit steigenden Gewinnschätzungen bei Siemens Energy der Bewertungsabstand zum Wettbewerber GE Vernova verringern werde. Dabei verwies er darauf, dass die vom US-Konzerns GE abgespaltene Vernova mit Blick auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis mehr als doppelt so teuer sei. Positiv hervor hob Patel aber vor allem, dass die Münchner ihren Turnaround-Plan konsequent umsetzen, wie er unter Verweis auf die angehobenen Ziele bis 2027/28 schrieb.
Das einstige Sorgenkind Siemens Gamesa macht einen beachtlichen Wandel durch und hilft der Mutter Siemens Energy dabei, sich "wie ein Phönix aus der Asche" mittlerweile von Rekord zu Rekord zu schwingen, wie Börsenexperte Andreas Lipkow sagt. "Im vergangenen Jahr erreichte das Sentiment für das Unternehmen wegen Gamesa noch einen absoluten Tiefpunkt. Viele Investoren hatten sich entnervt von den Aktien getrennt, bis das Vertrauen mit Beginn des aktuellen Börsenjahres langsam zurückkehrte."
2023 noch hatte der Windturbinenbauer dem Energietechnikkonzern Verluste in Milliardenhöhe eingebrockt. Mehrfach wurden Siemens Energy durch Gamesa die Geschäftsjahresziele verhagelt, bis der Konzern sie Ende Juni 2023 sogar ganz zurückzog. Ein Kurseinbruch von fast 40 Prozent war die Folge. Ende Oktober brach die Aktie erneut um fast 40 Prozent ein. Da war bekannt geworden, dass das Unternehmen mit dem Bund über Milliardenbürgschaften zur Absicherung von Großaufträgen verhandelt.
Die Wende für die Aktie kam angesichts der Einigung von Siemens Energy mit Banken und dem Bund über solche Garantien. Außerdem vereinbarte Siemens Energy mit der einstigen Konzernmutter Siemens den Verkauf von Anteilen des Indien-Geschäfts zur Stärkung der Bilanz.
Im Januar 2024 informierte Siemens Energy dann über einen besser als erwartet verlaufenen Start in sein neues Geschäftsjahr 2023/24. Zwar wies Gamesa weiterhin Verluste aus, doch ein Umbauvorhaben für das Windkraftgeschäft und massive Kostensenkungen wurden alsbald gestartet. Das kam gut an bei Anlegern und Analysten. Siemens Gamesa dürfte "das Schlimmste hinter sich haben", hieß es im Februar etwa bei der BofA im Zuge ihrer Empfehlung der Siemens-Energy-Aktie.
Im Mai hob Siemens Energy die Jahresziele an, was allerdings vor allem der deutlich gestiegenen Nachfrage im Elektrizitätsmarkt zu verdanken gewesen war. Insbesondere das Netzgeschäft wuchs rasant. Zugleich blieben weitere negative Nachrichten zu Gamesa aus und die nächsten Sanierungsschritte für die Tochter wurden bekanntgegeben.
In der vergangenen Woche zur Zahlenvorlage äußerte sich der Konzern zuversichtlich über das neue Geschäftsjahr. Umsatz und operative Rentabilität sollen sich 2024/25 deutlich verbessern, auch wenn das Windkraftgeschäft längst nicht aus der Verlustzone heraus ist. Zugleich äußerte sich der Konzern auch optimistischer als bisher für das Geschäftsjahr 2027/28, was der Aktie die nächsten Impulse für ihren Rekordlauf gab./ck/ag/jha/