Das Bundeskartellamt hat heute den fünften Marktmachtbericht - Bericht über die Wettbewerbsverhältnisse bei der Erzeugung elektrischer Energie - vorgelegt. Der Bericht analysiert die Marktmachtverhältnisse bei der Erzeugung und dem erstmaligen Absatz von Strom im Zeitraum vom 1. Mai 2023 bis 30. April 2024. Er beschäftigt sich aber auch mit der Frage, wie sich bereits erkennbare Marktentwicklungen auf die Marktmachtverhältnisse auswirken dürften. Die vom Bundeskartellamt im Rahmen des Marktmachtberichtes durchgeführten Analysen basieren auf umfangreichen Daten zum Einsatz sämtlicher Kraftwerke in Deutschland.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes:" "Die strukturelle Marktmacht im Bereich der Stromerzeugung besteht fort. Die Kraftwerke des mit Abstand führenden Anbieters RWE waren im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum zwar in weniger Stunden für die Deckung der Stromnachfrage unverzichtbar. Das Ausmaß der Unverzichtbarkeit - also die Zeiträume, in denen RWE den Marktpreis gezielt erhöhen könnte - lag aber immer noch in der Größenordnung der Vermutungsschwelle für eine marktbeherrschende Stellung. Für die nächstgrößten Anbieter LEAG und EnBW lagen die Werte im vergangenen Bericht noch in der Nähe der Schwelle, sind aber ebenfalls gesunken und liegen nun deutlich unterhalb. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass lediglich das außergewöhnliche Marktumfeld der Marktmacht entgegengewirkt hat. Die Lage wäre sonst noch angespannter.""
Prägend für das Marktumfeld im vergangenen Jahr war einerseits eine gesunkene Stromnachfrage vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur. Dieser standen nach Beendigung des Atomausstiegs andererseits deutlich gestiegene Stromimporte gegenüber. Um den Anstieg der Strompreise im Umfeld des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine zu dämpfen, waren zudem stillgelegte Kohlekraftwerke reaktiviert worden. Der Anstieg der Importe zeigt, dass die Bedeutung freier ausländischer Kraftwerkskapazitäten für die Begrenzung der Marktmacht inländischer Stromerzeuger weiter zugenommen hat.
Nach Ende des Berichtszeitraums dürfte die Marktmacht der führenden Erzeuger wieder zunehmen. Insbesondere verringern sich seit dem Ende des Berichtszeitraums die unmittelbar im Markt aktiven inländischen Kraftwerkskapazitäten. So wurden die zeitweise in den Markt zurückgeholten Kraftwerke bereits wieder stillgelegt und weitere Abschaltungen im Rahmen des Kohleausstieges stehen an. Zudem dürfte mit der hoffentlich bald eintretenden Wiederbelebung der Konjunktur eine steigende Stromnachfrage einhergehen und die Unverzichtbarkeit einzelner Erzeuger tendenziell wieder erhöhen. Stromimporte können inländische Marktmachtpotentiale nicht unbegrenzt dämpfen, weil freie ausländische Kapazitäten nicht zu jedem Zeitpunkt und nicht unbegrenzt für die Deckung der Stromnachfrage in Deutschland zur Verfügung stehen.
Andreas Mundt: ""Derzeit sind keine Anzeichen für eine sich weiter fortsetzende Entspannung der Marktmachtverhältnisse erkennbar. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Wir gehen davon aus, dass die RWE-Kraftwerke seit Mai 2024 wieder häufiger unverzichtbar gewesen sind und sich dieser Trend fortsetzen dürfte. Auch die Unverzichtbarkeit der Kraftwerke der nächstgrößten Erzeugungsunternehmen LEAG und EnBW dürfte aufgrund der erkennbaren Marktentwicklungen wieder zunehmen.""
Die Marktmacht eines Anbieters lässt sich für viele Produkte anhand von Marktanteilen bestimmen. Bei der Stromerzeugung sind Marktanteile jedoch nicht aussagekräftig, da Strom nur sehr eingeschränkt speicherbar ist. Einspeisung und Verbrauch müssen zu jeder Zeit übereinstimmen. Daher ist es nicht entscheidend, wie hoch der Marktanteil einzelner Unternehmen über das Jahr verteilt ist. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob und inwieweit ein Anbieter für die Deckung des Strombedarfs unverzichtbar ist. Ist der Strombedarf hoch, das Angebot jedoch knapp, haben unverzichtbare Anbieter die Möglichkeit, den Strompreis gezielt zu erhöhen. Daher hängt die Marktmacht eines Anbieters im Strombereich davon ab, in wie vielen Stunden im Jahr seine Kraftwerke zwingend benötigt werden, um die Nachfrage nach Strom zu decken (Unverzichtbarkeit oder "Pivotalität" eines Anbieters).
Die steuerbaren konventionellen Kraftwerke eines Anbieters sind insbesondere dann für die Deckung der Nachfrage unverzichtbar, wenn bei einer hohen Stromnachfrage die Einspeisung von Strom aus Wind und Sonne gering ist. Die jüngsten Preisspitzen während eines extrem niedrigen Angebots von Wind- und Solarstrom ("Dunkelflaute") am 6. November 2024 haben dies eindrücklich gezeigt.
Für die Möglichkeit, in Zeiten der Unverzichtbarkeit den Preis gezielt in die Höhe zu treiben und auf diese Weise Marktmacht zu missbrauchen, muss das betreffende Unternehmen die Zeiträume, in denen seine Kraftwerke unverzichtbar sind, auch hinreichend genau vorhersehen können. Die Analysen des Bundeskartellamtes zeigen, dass RWE systematisch vorhersehen kann, wann die eigenen Kraftwerke zur Deckung der Nachfrage unverzichtbar sind.
Andreas Mundt: ""Mit dem Marktmachtbericht können wir keine förmliche Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung treffen. Dies kann letztlich nur im Rahmen einer konkreten Einzelfallentscheidung erfolgen. Das von uns festgestellte Ausmaß der Unverzichtbarkeit und ihre systematische Vorhersehbarkeit deuten aber darauf hin, dass RWE das kartellrechtliche Missbrauchsverbot beachten muss.""
Für Stromerzeuger hat eine marktbeherrschende Stellung Konsequenzen für das erlaubte Verhalten im Markt. Insbesondere dürfen sie keine Erzeugungskapazitäten, deren Einsatz wirtschaftlich wäre, gezielt zurückhalten und dadurch den Preis in die Höhe treiben. Ein solches Verhalten wäre vielmehr missbräuchlich und verboten.
Regelenergie
Das Bundeskartellamt analysiert in dem Bericht zudem erneut die Marktverhältnisse beim Angebot der verschiedenen Arten von Regelenergie. Diese Systemdienstleistung wird zum Ausgleich von Frequenzschwankungen im Stromnetz benötigt. Hintergrund für die Analyse sind nicht zuletzt die gestiegenen Kosten für diese Systemdienstleistung.
Die analysierten Daten zeigen eine sehr hohe Bedeutung von Pumpspeicheranlagen für die sogenannte positive Sekundärregelung sowie eine sehr hohe Anbieterkonzentration mit EnBW als dem führenden Anbieter. Die Daten deuten auf eine marktbeherrschende Stellung dieses Unternehmens hin. Dies wäre im Einzelfall noch vertieft und unter Einbeziehung weiterer Faktoren zu prüfen.
Das Bundeskartellamt hat den gesetzlichen Auftrag, mindestens alle zwei Jahre einen gesonderten Bericht über die Wettbewerbsverhältnisse bei der Erzeugung elektrischer Energie zu veröffentlichen. Vor dem Hintergrund der erfolgten jüngeren und der bevorstehenden Kraftwerksstilllegungen wird das Bundeskartellamt den nächsten Marktmachtbericht wiederum früher als nach der gesetzlich vorgesehenen Zweijahresfrist veröffentlichen.
Der aktuelle Marktmachtbericht ist hier abrufbar:
https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Berichte/Marktmachtbericht_2023_24.html?nn=55030
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes:" "Die strukturelle Marktmacht im Bereich der Stromerzeugung besteht fort. Die Kraftwerke des mit Abstand führenden Anbieters RWE waren im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum zwar in weniger Stunden für die Deckung der Stromnachfrage unverzichtbar. Das Ausmaß der Unverzichtbarkeit - also die Zeiträume, in denen RWE den Marktpreis gezielt erhöhen könnte - lag aber immer noch in der Größenordnung der Vermutungsschwelle für eine marktbeherrschende Stellung. Für die nächstgrößten Anbieter LEAG und EnBW lagen die Werte im vergangenen Bericht noch in der Nähe der Schwelle, sind aber ebenfalls gesunken und liegen nun deutlich unterhalb. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass lediglich das außergewöhnliche Marktumfeld der Marktmacht entgegengewirkt hat. Die Lage wäre sonst noch angespannter.""
Prägend für das Marktumfeld im vergangenen Jahr war einerseits eine gesunkene Stromnachfrage vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur. Dieser standen nach Beendigung des Atomausstiegs andererseits deutlich gestiegene Stromimporte gegenüber. Um den Anstieg der Strompreise im Umfeld des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine zu dämpfen, waren zudem stillgelegte Kohlekraftwerke reaktiviert worden. Der Anstieg der Importe zeigt, dass die Bedeutung freier ausländischer Kraftwerkskapazitäten für die Begrenzung der Marktmacht inländischer Stromerzeuger weiter zugenommen hat.
Nach Ende des Berichtszeitraums dürfte die Marktmacht der führenden Erzeuger wieder zunehmen. Insbesondere verringern sich seit dem Ende des Berichtszeitraums die unmittelbar im Markt aktiven inländischen Kraftwerkskapazitäten. So wurden die zeitweise in den Markt zurückgeholten Kraftwerke bereits wieder stillgelegt und weitere Abschaltungen im Rahmen des Kohleausstieges stehen an. Zudem dürfte mit der hoffentlich bald eintretenden Wiederbelebung der Konjunktur eine steigende Stromnachfrage einhergehen und die Unverzichtbarkeit einzelner Erzeuger tendenziell wieder erhöhen. Stromimporte können inländische Marktmachtpotentiale nicht unbegrenzt dämpfen, weil freie ausländische Kapazitäten nicht zu jedem Zeitpunkt und nicht unbegrenzt für die Deckung der Stromnachfrage in Deutschland zur Verfügung stehen.
Andreas Mundt: ""Derzeit sind keine Anzeichen für eine sich weiter fortsetzende Entspannung der Marktmachtverhältnisse erkennbar. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Wir gehen davon aus, dass die RWE-Kraftwerke seit Mai 2024 wieder häufiger unverzichtbar gewesen sind und sich dieser Trend fortsetzen dürfte. Auch die Unverzichtbarkeit der Kraftwerke der nächstgrößten Erzeugungsunternehmen LEAG und EnBW dürfte aufgrund der erkennbaren Marktentwicklungen wieder zunehmen.""
Die Marktmacht eines Anbieters lässt sich für viele Produkte anhand von Marktanteilen bestimmen. Bei der Stromerzeugung sind Marktanteile jedoch nicht aussagekräftig, da Strom nur sehr eingeschränkt speicherbar ist. Einspeisung und Verbrauch müssen zu jeder Zeit übereinstimmen. Daher ist es nicht entscheidend, wie hoch der Marktanteil einzelner Unternehmen über das Jahr verteilt ist. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob und inwieweit ein Anbieter für die Deckung des Strombedarfs unverzichtbar ist. Ist der Strombedarf hoch, das Angebot jedoch knapp, haben unverzichtbare Anbieter die Möglichkeit, den Strompreis gezielt zu erhöhen. Daher hängt die Marktmacht eines Anbieters im Strombereich davon ab, in wie vielen Stunden im Jahr seine Kraftwerke zwingend benötigt werden, um die Nachfrage nach Strom zu decken (Unverzichtbarkeit oder "Pivotalität" eines Anbieters).
Die steuerbaren konventionellen Kraftwerke eines Anbieters sind insbesondere dann für die Deckung der Nachfrage unverzichtbar, wenn bei einer hohen Stromnachfrage die Einspeisung von Strom aus Wind und Sonne gering ist. Die jüngsten Preisspitzen während eines extrem niedrigen Angebots von Wind- und Solarstrom ("Dunkelflaute") am 6. November 2024 haben dies eindrücklich gezeigt.
Für die Möglichkeit, in Zeiten der Unverzichtbarkeit den Preis gezielt in die Höhe zu treiben und auf diese Weise Marktmacht zu missbrauchen, muss das betreffende Unternehmen die Zeiträume, in denen seine Kraftwerke unverzichtbar sind, auch hinreichend genau vorhersehen können. Die Analysen des Bundeskartellamtes zeigen, dass RWE systematisch vorhersehen kann, wann die eigenen Kraftwerke zur Deckung der Nachfrage unverzichtbar sind.
Andreas Mundt: ""Mit dem Marktmachtbericht können wir keine förmliche Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung treffen. Dies kann letztlich nur im Rahmen einer konkreten Einzelfallentscheidung erfolgen. Das von uns festgestellte Ausmaß der Unverzichtbarkeit und ihre systematische Vorhersehbarkeit deuten aber darauf hin, dass RWE das kartellrechtliche Missbrauchsverbot beachten muss.""
Für Stromerzeuger hat eine marktbeherrschende Stellung Konsequenzen für das erlaubte Verhalten im Markt. Insbesondere dürfen sie keine Erzeugungskapazitäten, deren Einsatz wirtschaftlich wäre, gezielt zurückhalten und dadurch den Preis in die Höhe treiben. Ein solches Verhalten wäre vielmehr missbräuchlich und verboten.
Regelenergie
Das Bundeskartellamt analysiert in dem Bericht zudem erneut die Marktverhältnisse beim Angebot der verschiedenen Arten von Regelenergie. Diese Systemdienstleistung wird zum Ausgleich von Frequenzschwankungen im Stromnetz benötigt. Hintergrund für die Analyse sind nicht zuletzt die gestiegenen Kosten für diese Systemdienstleistung.
Die analysierten Daten zeigen eine sehr hohe Bedeutung von Pumpspeicheranlagen für die sogenannte positive Sekundärregelung sowie eine sehr hohe Anbieterkonzentration mit EnBW als dem führenden Anbieter. Die Daten deuten auf eine marktbeherrschende Stellung dieses Unternehmens hin. Dies wäre im Einzelfall noch vertieft und unter Einbeziehung weiterer Faktoren zu prüfen.
Das Bundeskartellamt hat den gesetzlichen Auftrag, mindestens alle zwei Jahre einen gesonderten Bericht über die Wettbewerbsverhältnisse bei der Erzeugung elektrischer Energie zu veröffentlichen. Vor dem Hintergrund der erfolgten jüngeren und der bevorstehenden Kraftwerksstilllegungen wird das Bundeskartellamt den nächsten Marktmachtbericht wiederum früher als nach der gesetzlich vorgesehenen Zweijahresfrist veröffentlichen.
Der aktuelle Marktmachtbericht ist hier abrufbar:
https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Berichte/Marktmachtbericht_2023_24.html?nn=55030
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