BERLIN (dpa-AFX) - Die spanische Delivery-Hero-Tochter Glovo muss ihre Fahrer fest anstellen und beugt so möglichen Rechtsunsicherheiten vor. Der Schritt als Reaktion auf Vorwürfe der örtlichen Arbeitsbehörden wird den operativen Gewinn von Glovo in Millionenhöhe belasten. Auf Konzernebene will Delivery Hero allerdings nichts an den bekannten Jahreszielen ändern. Anleger quittierten die Neuigkeiten am Montagvormittag mit einem Kursrutsch: Die Delivery-Hero-Aktie verlor zweistellig und rutschte unter die Marke von 35 Euro.
Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von Glovo dürfte im kommenden Jahr nun um etwa 100 Millionen Euro geringer ausfallen, teilte der im MDax notierte Mutterkonzern am Montag in Berlin mit. Dennoch solle im Tagesgeschäft ein bereinigter Gewinn eingefahren werden.
Bislang hat Glovo seine Fahrer als Freelancer beschäftigt und damit die Kritik der spanischen Behörden wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Arbeitsrecht auf sich gezogen. Delivery Hero hatte sich die Mehrheit an Glovo zum Jahreswechsel Ende 2021 gesichert.
Jefferies-Analyst Giles Thorne glaubt unterdessen, dass hinter der Verkündung ein taktisches Manöver steckt. Das Management von Delivery Hero könnte darauf abzielen, mit dem Schritt eine Grundlage für die Verhandlungen über endgültige Bußgelder zu schaffen. In der Angelegenheit dürfte noch nicht das letzte Wort gesprochen sein.
Durch den Wechsel zum neuen Beschäftigungsmodell rechnet Delivery Hero mit dem Anstieg von Eventualverbindlichkeiten auf 440 bis 770 Millionen Euro im Geschäftsbericht für 2024. Bislang wurden 330 bis 550 Millionen Euro erwartet. Nach Angaben von UBS-Analyst Jo Barnet-Lamb hatte das Management bislang einen Anstieg von 30 bis 40 Millionen Euro im Quartal kommuniziert. Die neue Spanne sei ein großer Sprung, schrieb der Experte in einer ersten Reaktion.
Nach Unternehmensangaben umfassen die 440 bis 770 Millionen Euro Sozialversicherungsbeiträge, Bußgelder, Umsatzsteuerforderungen und sonstige Zuschläge für den Zeitraum bis Ende 2024 für Glovo Spanien. Rückstellungen sollen dafür nicht gebildet werden, da Delivery Hero keine ausreichende rechtliche Grundlage für die Entscheidungen der Arbeitsbehörde sieht.
Laut Mitteilung vom Montag rechnet Delivery Hero in naher Zukunft mit "Reklassifizierungsentscheidungen von der spanischen Arbeitsbehörde bezüglich angeblicher Falschklassifizierung von Lieferfahrern". Bisher sei keine endgültige Einigung erzielt worden, hieß es weiter.
Während endgültige Gerichtsentscheidungen angestrebt werden, muss Glovo die Beträge, die in den nächsten Jahren nach und nach fällig werden, vorläufig zahlen oder Bankgarantien für diese stellen. Die erste Zahlung und/oder Bankgarantie werde frühestens im zweiten Quartal 2025 erwartet, hieß es weiter./ngu/nas/jha/