Berlin (ots) -
In Thüringen versuchen sie gerade, zusammenzufügen, was eigentlich nicht so recht zusammenpasst: Im Freistaat, politisch immer experimentierfreudig, sieht es ganz danach aus, als würden demnächst CDU, SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht gemeinsam regieren.
Sie haben auch gar keine große Wahl: Die sogenannte Brombeer-Koalition ist das einzige Bündnis, das ohne die AfD in Thüringen auch nur in die Nähe einer Mehrheit kommt - auch wenn den drei Parteien dazu eine Stimme fehlt.
Damit das Land überhaupt eine halbwegs stabile Regierung hat, denkt die CDU also lieber nicht zu lange drüber nach, dass ihre neuen Koalitionspartner vom BSW vor Kurzem noch in der Linken waren, einer Partei, mit der die Christdemokraten auf gar keinen Fall zusammenarbeiten wollen. Und beim BSW konzentriert man sich auf Landespolitik, um damit umgehen zu können, dass die eigenen außenpolitischen Positionen denen der neuen Kolleginnen und Kollegen praktisch unvereinbar gegenüberstehen.
In Brandenburg, wo SPD und BSW miteinander arbeiten wollen, sieht es ähnlich aus. Auch hier warnt man die Wählerinnen und Wähler schon vorab: eine "Liebeshochzeit" sei das alles nicht. Dehnungsübungen, wohin man sieht - weil die Wahlergebnisse es erfordern. Und das werden sie in Zukunft vielleicht immer öfter tun. Je stärker die AfD wird, umso schwieriger wird es, ohne sie Mehrheiten finden. Umso seltener werden die Fälle, in denen echte Wunschpartner zueinander finden.
Bündnisse aber, für die weniger die inhaltlichen Schnittmengen sprechen und mehr die Mehrheitsverhältnisse, haben es schwer. Wie groß, wie zerstörerisch die Spannungen innerhalb solcher Koalitionen werden, hat im Bund eindrucksvoll die Ampelkoalition gezeigt. Und das ist nicht das einzige Problem: Weil der kleinste gemeinsame Nenner in solchen Bündnissen noch ein bisschen kleiner ist als in anderen, wird es schwierig, große Antworten zu geben auf große Probleme - auch das haben die drei Jahre mit SPD, Grünen und FDP gezeigt.
Grundlegende Richtungsentscheidungen lassen sich so kaum treffen. Stattdessen ist die Versuchung groß, einen Weiter-so-Kurs zu fahren, der niemanden allzu sehr stört, und am Wegesrand noch ein paar Lieblingsprojekte der Beteiligten auf die Beine zu stellen.
Das heißt nicht nur, dass weniger Probleme gelöst werden. Es schadet auch der politischen Kultur. Denn wenn Bürgerinnen und Bürger das Gefühl bekommen, es sei eigentlich egal, wer gewählt wird, weil am Ende ohnehin alle ähnlich regieren, stärkt das vor allem diejenigen Kräfte am Rand, die radikale Veränderung wollen - so radikal, dass sie das demokratische System an sich bedrohen.
Trotzdem ist es gut, dass CDU, SPD und BSW in den Ländern einen gemeinsamen Weg nach vorn gefunden haben, und nicht nur, weil die Alternative mehr Chaos, mehr Verunsicherung ist. Die Fähigkeit zum Kompromiss ist ein Wesensmerkmal von Demokratie und Demokraten und eine Stärke. Aber niemand sollte unterschätzen, wie schwer die Aufgabe ist, die jetzt vor den neuen Partnern liegt: Sie müssen über Sachfragen diskutieren, ohne den Eindruck ewigen Streits zu erwecken, sollen geschlossen regieren, dabei als Parteien aber erkennbar und unterscheidbar bleiben. Ach so, und tatsächlich gute Politik machen sollten sie auch noch. Viel komplizierter, viel explosiver kann die Versuchsanordnung für ein politisches Experiment nicht sein.
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In Thüringen versuchen sie gerade, zusammenzufügen, was eigentlich nicht so recht zusammenpasst: Im Freistaat, politisch immer experimentierfreudig, sieht es ganz danach aus, als würden demnächst CDU, SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht gemeinsam regieren.
Sie haben auch gar keine große Wahl: Die sogenannte Brombeer-Koalition ist das einzige Bündnis, das ohne die AfD in Thüringen auch nur in die Nähe einer Mehrheit kommt - auch wenn den drei Parteien dazu eine Stimme fehlt.
Damit das Land überhaupt eine halbwegs stabile Regierung hat, denkt die CDU also lieber nicht zu lange drüber nach, dass ihre neuen Koalitionspartner vom BSW vor Kurzem noch in der Linken waren, einer Partei, mit der die Christdemokraten auf gar keinen Fall zusammenarbeiten wollen. Und beim BSW konzentriert man sich auf Landespolitik, um damit umgehen zu können, dass die eigenen außenpolitischen Positionen denen der neuen Kolleginnen und Kollegen praktisch unvereinbar gegenüberstehen.
In Brandenburg, wo SPD und BSW miteinander arbeiten wollen, sieht es ähnlich aus. Auch hier warnt man die Wählerinnen und Wähler schon vorab: eine "Liebeshochzeit" sei das alles nicht. Dehnungsübungen, wohin man sieht - weil die Wahlergebnisse es erfordern. Und das werden sie in Zukunft vielleicht immer öfter tun. Je stärker die AfD wird, umso schwieriger wird es, ohne sie Mehrheiten finden. Umso seltener werden die Fälle, in denen echte Wunschpartner zueinander finden.
Bündnisse aber, für die weniger die inhaltlichen Schnittmengen sprechen und mehr die Mehrheitsverhältnisse, haben es schwer. Wie groß, wie zerstörerisch die Spannungen innerhalb solcher Koalitionen werden, hat im Bund eindrucksvoll die Ampelkoalition gezeigt. Und das ist nicht das einzige Problem: Weil der kleinste gemeinsame Nenner in solchen Bündnissen noch ein bisschen kleiner ist als in anderen, wird es schwierig, große Antworten zu geben auf große Probleme - auch das haben die drei Jahre mit SPD, Grünen und FDP gezeigt.
Grundlegende Richtungsentscheidungen lassen sich so kaum treffen. Stattdessen ist die Versuchung groß, einen Weiter-so-Kurs zu fahren, der niemanden allzu sehr stört, und am Wegesrand noch ein paar Lieblingsprojekte der Beteiligten auf die Beine zu stellen.
Das heißt nicht nur, dass weniger Probleme gelöst werden. Es schadet auch der politischen Kultur. Denn wenn Bürgerinnen und Bürger das Gefühl bekommen, es sei eigentlich egal, wer gewählt wird, weil am Ende ohnehin alle ähnlich regieren, stärkt das vor allem diejenigen Kräfte am Rand, die radikale Veränderung wollen - so radikal, dass sie das demokratische System an sich bedrohen.
Trotzdem ist es gut, dass CDU, SPD und BSW in den Ländern einen gemeinsamen Weg nach vorn gefunden haben, und nicht nur, weil die Alternative mehr Chaos, mehr Verunsicherung ist. Die Fähigkeit zum Kompromiss ist ein Wesensmerkmal von Demokratie und Demokraten und eine Stärke. Aber niemand sollte unterschätzen, wie schwer die Aufgabe ist, die jetzt vor den neuen Partnern liegt: Sie müssen über Sachfragen diskutieren, ohne den Eindruck ewigen Streits zu erwecken, sollen geschlossen regieren, dabei als Parteien aber erkennbar und unterscheidbar bleiben. Ach so, und tatsächlich gute Politik machen sollten sie auch noch. Viel komplizierter, viel explosiver kann die Versuchsanordnung für ein politisches Experiment nicht sein.
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