DJ KONJUNKTUR IM BLICK/Fed senkt die Zinsen - BoE hält still
Von Hans Bentzien
DOW JONES--Die Zentralbanken dieser Welt tasten sich nach dem Ende der corona- und kriegsbedingten Inflationsphase langsam in neutraleres Zinsterritorium vor. Gemessen an den aktuellen Inflationsraten sind die Leitzinsen noch recht hoch, so dass Anleger mit Recht Leitzinssenkungen erwarten. Andererseits richten die Zentralbanken ihre Geldpolitik an der mittelfristig zu erwartenden Inflation aus, und da ist die Unsicherheit immer noch beträchtlich. Von den in der Woche tagenden Zentralbanken dürften einige ihre Zinsen senken und andere still halten. Und eine dürfte sogar über die Möglichkeit einer Zinsanhebung diskutieren.
US-Notenbank senkt Leitzins um 25 Basispunkte
Schaut man sich die Inflationsentwicklung der vergangenen Monate an, dann hat die US-Notenbank eigentlich keinen Anlass, Zinssenkungen zu forcieren: Der Preisindex der persönlichen Konsumausgaben ohne Energie und Nahrungsmittel (Kern-PCE-Deflator) ist im Oktober mit einer Jahresrate von 2,8 (September: 2,7) Prozent gestiegen, nachdem er im Juni noch bei 2,6 Prozent gelegen hatte. Und für November wird ein weiterer Anstieg erwartet. An diesem Index misst die Fed, wie weit die Inflation von ihrem Inflationsziel von 2 Prozent entfernt ist.
Allerdings hat die Fed auch ein Beschäftigungsziel, und auf dem Arbeitsmarkt gibt es durchaus Zeichen einer Abkühlung. Fed-Chairman Jerome Powell hat gesagt, dass sich die Fed nunmehr hierauf konzentrieren werde. Für eine Zinssenkung um 25 Basispunkte spricht auch, dass Fed-Funds-Futures einen solchen Schritt mit einer Wahrscheinlichkeit von 97 Prozent einpreisen. Die Fed vermeidet es nach Möglichkeit, die Märkte zu überraschen. Auch Analysten prognostizieren mehrheitlich eine Zinssenkung.
Die Fed veröffentlicht ihre Zinsentscheidung am Mittwoch (20.00 Uhr), um 20.30 beginnt die Pressekonferenz mit Fed-Chairman Jerome Powell.
Bank of England hält still
Der geldpolitische Ausschuss der Bank of England (BoE) dürfte dagegen beschließen, seine Geldpolitik zunächst unverändert zu lassen. Der Leitzins würde dann bei 4,75 Prozent bleiben, wo er seit Anfang November steht. Zwar schrumpfte die britische Wirtschaft im Oktober unerwartet, doch zog die Inflation andererseits auf 3,2 (September: 2,6) Prozent an. BoE-Gouverneur Andrew Bailey hatte in der vergangenen Woche gesagt, dass es bis zur Bändigung der Inflation noch ein weiter Weg sei. Die Zinsentscheidung wird am Donnerstag (13.00 Uhr) bekannt gemacht.
Weitere Zinsentscheidungen stehen an diesem Tag in China (3.30 Uhr), Schweden (9.30 Uhr), Norwegen (10.00 Uhr) und in Japan (in der Nacht zu Donnerstag) an.
BoJ könnte mit Zinserhöhung noch etwas warten
Die Bank of Japan (BoJ) schwimmt mit ihrer Geldpolitik derzeit gegen einen weltweiten Strom: Während alle wichtigen Zentralbanken zumindest tendenziell auf Lockerungskurs sind, zieht die BoJ die geldpolitischen Zügel an - allerdings sehr vorsichtig. Zuletzt hat sie ihren Leitzins im Juni angehoben, auf 0,25 Prozent. Japan ist zumindest vorläufig der Deflationsspirale entkommen, in der sich das Land seit den 1990er Jahren befand. Die BoJ will diesen Erfolg nicht mit zu forschen Zinserhöhungen gefährden und orientiert ihre Geldpolitik an der Lohnentwicklung. Mitglieder des geldpolitischen Rats haben zuletzt bezweifelt, dass die Löhne bereits eine stabile Inflation von 2 Prozent erwarten lassen.
Inflationär wirkt dagegen die Schwäche des Yen. Gegenwärtig kostet ein US-Dollar 153 Yen. Ende November hatte BoJ-Gouverneur Kazuo Ueda bei einem Kurs von 154 Yen verbal interveniert, als er sagte, dass die BoJ die Yen-Schwäche in ihrer Geldpolitik berücksichtigen werde. Seit Anfang Dezember ist der Yen wieder auf dem Weg Richtung 154.
Zu den wichtigsten Indikatoren der Woche:
Ifo-Geschäftsklimaindex sinkt im Dezember leicht
Egal, ob sich der Ifo-Geschäftsklimaindex im letzten Monat des Jahres ein Stück nach oben oder nach unten bewegt: Sein Niveau ist ausgesprochen schwach und lässt einen Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vierten Quartal möglich erscheinen. Dafür sprechen auch die ersten für den Monat Oktober veröffentlichten harten Konjunkturdaten - Produktion und Exporte sind gesunken. Die Bundesbank rechnet für das vierte Quartal mit einer BIP-Stagnation. Ein Anstieg des Ifo-Index würde vielleicht einen kleinen Hoffnungsschimmer bringen.
Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten einen Rückgang auf 85,5 (November: 85,7) Punkte.
Am Montag veröffentlicht S&P Global die Einkaufsmanagerindizes für Dezember. Außerdem kommen am Dienstag Daten zum US-Einzelhandelsumsatz (14.30 Uhr) und zur Industrieproduktion (15.15 Uhr)
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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December 13, 2024 09:21 ET (14:21 GMT)
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