© Foto: Symbolbild von Ryan McGuire auf Pixabay
Volkswagen macht ernst: Nach langem Hin und Her steht die Einigung mit der IG Metall. 35.000 Stellen sollen weg, die Produktion wird kräftig runtergefahren - und trotzdem oder gerade deswegen legt die Aktie plötzlich zu. Ob das der große Befreiungsschlag ist oder nur ein Strohfeuer, bleibt die große Frage. Anleger, die jetzt einsteigen wollen, stehen vor der Qual der Wahl: Kaufen, halten oder doch lieber Finger weg? Hier die Antworten für Sie - wie immer klar, ehrlich und ungeschönt.
Einigung erzielt: Reicht das aber aus?
Nach wochenlangem Gezerre am Verhandlungstisch ist der Deal zwischen Volkswagen und der IG Metall endlich durch. Auf den ersten Blick klingt das wie ein klassischer Kompromiss: Keine Werksschließungen, keine betriebsbedingten Kündigungen - dafür aber ein gigantischer Stellenabbau. Ganze 35.000 Jobs sollen sozialverträglich gestrichen werden, und die Produktion in Deutschland wird um satte 25 Prozent zurückgefahren. Das entspricht der Leistung von zwei bis drei Werken.
Klingt dramatisch? Ja, und das ist es auch. Doch im Gegenzug spart Volkswagen rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr an Arbeitskosten ein. Damit bleibt zumindest etwas Geld für dringend nötige Zukunftsinvestitionen in Elektromobilität und Digitalisierung übrig. Der Konzern atmet also ein wenig auf, zumindest kurzfristig.
Doch nicht jeder ist begeistert. Analysten wie Philippe Houchois von Jefferies lassen kein gutes Haar an dem Deal. Seiner Meinung nach fehlt Volkswagen die nötige Entschlossenheit, um wirklich schnell zu handeln. Und dann wäre da noch die Sache mit den Margen: Die anvisierten 6,5 Prozent bis 2026 erscheinen nach der Einigung in weiter Ferne. Patrick Hummel von der UBS geht sogar noch weiter und sieht mittelfristig jede Menge Unsicherheit bei den Einsparungen.
VW-Chef Oliver Blume versucht indes, optimistisch zu bleiben. Für ihn war der Kapazitätsabbau unvermeidbar, und er fordert die Politik auf, endlich bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. "Weniger Bürokratie, niedrigere Abgaben, günstigere Energie - das ist es, was wir jetzt brauchen", sagt er. Klingt wie ein Wunschzettel, aber wer kann es ihm verdenken?
Blick auf die Charttechnik: Ein kleiner Aufschwung, aber noch keine Befreiung
Jetzt wird's spannend: Die Aktie von Volkswagen hat zunächst nach der Einigung ordentlich Fahrt aufgenommen. Am Montag stieg der Kurs auf Tradegate zunächst um satte einige Prozent, was nach Monaten im Keller wie ein echter Befreiungsschlag wirkte. Doch Vorsicht - die charttechnische Lage ist alles andere als eindeutig. Im Verlauf des Tages kamen die Bären zurück und drückten die Aktie sogar wieder deutlich ins Minus.
Nach dem Absturz auf ein Tief vor einigen Tagen bei 78,90 Euro, das es so seit 2010 nicht mehr gab, hat die Aktie zuletzt versucht sich zu stabilisieren. Der Sprung über die 38-Tage-Linie war ein erstes positives Signal, und die Marke von 90 Euro wurde zumindest kurzzeitig überwunden. Warum ist das wichtig? Weil genau hier entscheidende Widerstände liegen. Wenn die Aktie es schafft, sich nachhaltig darüber zu halten, könnte das der Startschuss für eine stärkere Erholung sein. Aber danach sieht es aktuell nun wieder nicht mehr aus. Der langfristige Abwärtstrend ist noch nicht gebrochen. Rutscht der Kurs wieder unter 85 Euro, könnte es schnell weiter bergab gehen. Anleger sollten also genau hinschauen und sich auf eine Achterbahnfahrt einstellen.
Fundamentale Herausforderungen: Aufbruch oder Ausbruch?
Kommen wir zum Kern der Sache: Ist Volkswagen mit diesem Deal wirklich gerettet? Die Antwort ist kompliziert. Klar, die Einigung schafft kurzfristig Luft zum Atmen. Keine Streiks, keine Werksschließungen - das gibt Planungssicherheit. Und die Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro pro Jahr sind auch kein Pappenstiel.
Aber: Der Konzern steht vor riesigen Baustellen. Die Konkurrenz aus den USA und China drängt immer stärker auf den Markt, während Volkswagen in Europa weiter feststeckt. Die Elektromobilität wird als Zukunft verkauft, frisst aber gleichzeitig gewaltige Summen, ohne dass die Gewinne sprudeln.
Hinzu kommt die Frage, wie sich der Sparkurs auf die Unternehmenskultur auswirkt. Managergehälter werden gekürzt, Boni gestrichen - das trifft zwar nur die Führungsebene, sorgt aber intern sicher für Unruhe. Und dann ist da noch das Thema Dividenden: Gewerkschaften und Betriebsrat fordern Kürzungen, doch ob die Großaktionäre - allen voran die Familien Porsche und Piëch - da mitspielen, bleibt fraglich.
Wir würden einen Reboundtrade eingehen, wenn der Kurs zum Wochenschlusskurs die Marke von 90 Euro übersprungen hat. Dann - und nur dann - könnte sich die Chance auftun, dass die Aktie wieder in Richtung 115 Euro läuft. Ein enger Stopp bei 84 Euro wäre anfänglich zu setzen - mit steigenden Notierungen könnte man diesen nachziehen.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
Haftungsausschluss/Disclaimer
Die hier angebotenen Artikel dienen ausschließlich der Information und stellen keine Kauf- bzw. Verkaufsempfehlungen dar. Sie sind weder explizit noch implizit als Zusicherung einer bestimmten Kursentwicklung der genannten Finanzinstrumente oder als Handlungsaufforderung zu verstehen. Der Erwerb von Wertpapieren birgt Risiken, die zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals und - je nach Art des Investments - sogar zu darüber hinausgehenden Verpflichtungen, bspw. Nachschusspflichten, führen können. Die Informationen ersetzen keine auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtete fachkundige Anlageberatung. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit, Angemessenheit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen sowie für Vermögensschäden wird weder ausdrücklich noch stillschweigend übernommen.
Finanznachrichten.de hat auf die veröffentlichten Inhalte keinerlei Einfluss. Finanznachrichten.de hat bis zur Veröffentlichung der Artikel keine Kenntnis über Inhalt und Gegenstand der Artikel. Die Veröffentlichungen erfolgen durch externe Autoren bzw. Datenlieferanten. Infolgedessen können die Inhalte der Artikel auch nicht von Anlageinteressen von Finanznachrichten.de und/oder seinen Mitarbeitern oder Organen bestimmt sein.