BERLIN (dpa-AFX) - Die Grünen könnten mit der Forderung nach einer öffentlich-rechtlichen Alternative zu Facebook, X und Co. in die Bundestagswahl ziehen. Einen entsprechenden Änderungsantrag zum Entwurf des Wahlprogramms hat eine Gruppe von Parteimitgliedern um den Innenpolitiker Konstantin von Notz eingereicht. Geprüft werden solle die "Schaffung einer europäischen Medienplattform in öffentlicher Trägerschaft als Alternative zu bestehenden kommerziellen Angeboten", heißt es in dem Antrag, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Idee: Finanzierung aus Rundfunkgebühren, aber ohne Erhöhung
Eine solche Plattform sollte nach den Vorstellungen der Antragsteller aus den Rundfunkgebühren finanziert werden - ohne dass diese erhöht werden müssten, wie von Notz betonte. Die Plattform solle qualitativ hochwertige Inhalte bündeln, und zwar "werbefrei, offen und mehrsprachig". "Sie arbeitet zusammen mit den nationalen öffentlichen Rundfunkanstalten, um deren Inhalte europaweit zugänglich zu machen, und agiert frei von jedweder politischer Einflussnahme", erklärte er. In Deutschland könne sie als vierte Säule neben ARD, ZDF und Deutschlandradio rechtlich verankert werden und damit auch "einen relevanten Anteil der Finanzierung aus dem Rundfunkbeitrag erhalten".
Der Antrag ist auch eine Reaktion auf aktuelle Nachrichten aus den Vereinigten Staaten. Der Facebook-Konzern Meta will bei der Verbreitung von Falschbehauptungen auf seinen Plattformen künftig weniger stark eingreifen als bisher. Meta-Chef Mark Zuckerberg folgt damit der Linie des Tech-Milliardärs Elon Musk, der nach der Übernahme von Twitter Einschränkungen für Äußerungen auf der Plattform weitgehend aufhob.
Prominente Unterstützung
Bedrohung, Beleidigung, Verhetzungen und Desinformation in den sozialen Netzwerken blieben ein großes Problem, heißt es in dem Grünen-Antrag. "Die jüngsten Ankündigungen der Plattformbetreiber, Moderation einzuschränken und Faktchecking zumindest in den USA beenden zu wollen, sind mit den Vorgaben des Digital Services Act (DSA) der EU nicht vereinbar." Man wolle die Regulierung der Plattformen zum Schutz Betroffener sowie der Meinungs- und Informationsfreiheit weiter vorantreiben.
Schon als Prüfauftrag im Koalitionsvertrag der Ampel
Grünen-Chefin Franziska Brantner erklärte, eine solche Plattform könne auch die europäische Integration weiter vorantreiben. Die Idee ist nicht neu. Der damalige Grünen-Chef und heutige Kanzlerkandidat Robert Habeck hatte 2019 gemeinsam mit dem Digitalpolitiker Malte Spitz dafür geworben. Sie stand schon im Programm für die Bundestagswahl 2021 und findet sich - zumindest als Prüfauftrag - auch im Koalitionsvertrag der Ampel wieder.
Der Antrag wird unter anderem von Bundesumweltministerin Steffi Lemke, Bundestagsvizepräsidentin Katrin-Göring Eckardt und der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, unterstützt. Die Grünen wollen den Entwurf ihres Wahlprogramms am 26. Januar bei einem Parteitag in Berlin beschließen./hrz/DP/jha