13.01.2025 -
Chris Iggo, CIO Core Investments bei AXA Investment Managers: US-Aktien: Kurs und Wert Die Bewertung des US-Aktienmarktes sorgt bei Anlegern immer wieder für Besorgnis. Manchen Schätzungen zufolge ist der S&P 500 zu einem 22-Fachen der Gewinnerwartungen auf Zwölf-Monats-Sicht bewertet. Beim Nasdaq 100 beläuft sich diese Kennzahl auf das 26-Fache. Dies sind hohe Bewertungsniveaus. Mit der Aktienrendite verhält es sich umgekehrt zum Kurs-Gewinn-Verhältnis - eine niedrigere Rendite weist auf einen potenziell überbewerteten Index hin. Diese Kennzahl liegt bezogen auf den S&P 500 derzeit bei 4,54 % und damit knapp über der Rendite zehnjähriger US-Treasuries (4,23 %). Selbst das KGV des gleichgewichteten S&P 500 liegt bei 19,8. Legt man die Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf inflations- und konjunkturbereinigter Basis zugrunde, so befindet sich der S&P 500 bezogen auf seine Entwicklung von 1995 bis 2024 im 90. Perzentil. Sofern man die Betrachtung auf sämtliche US-Werte erweitert, liegt deren Bewertung bezogen auf die Zeitspanne seit 1983 in ihrem 93. Perzentil. Kein anderer bedeutender Aktienmarkt reicht auch nur annähernd an das derzeitige Bewertungsniveau der USA heran.
Allerdings ist eine glänzende Bewertung keine Garantie für künftige Erträge. In der Anlegergunst stehen US-Aktien offenbar weiterhin hoch, zumal das Gewinnwachstum im kommenden Jahr bei 14 % liegen und die politische Agenda des designierten Präsidenten Donald Trump die Börsen anschieben dürfte. Sollte es bei den Fundamentaldaten oder der Stimmung zu einem abrupten Umschwung kommen, droht jedoch eine Anpassung der Bewertungen. Andere Anlagen sind im Vergleich zu US-Aktien günstiger - darunter europäische und asiatische Aktien, vor allem aber US-Treasuries. Wie andere Staatsanleihen haben auch Treasuries auf Relative-Value-Basis gegenüber Swaps und Unternehmensanleihen nachgegeben. Als eine der großen Überraschungen des Jahres 2025 ist eine rasche Verschiebung von Aktien in Richtung Anleihen durchaus denkbar.
Alessandro Tentori, CIO Europe: Kein "Überraschungseffekt" im Jahr 2025 In den letzten 24 Monaten ist es bei der Schätzung des US-BIPs zu einer signifikanten Neubewertung gekommen. Die Ausgangsschätzungen für 2023 lagen zwischen 0,3 % und 0,5 %, während sich das Ergebnis letztlich auf solide 2,5 % belief. Ähnlich verhielt es sich mit der Konsenserwartung des US-BIPs im Jahr 2024: Ende 2023 war von einem Zuwachs um rund 1,3 % ausgegangen worden. Tatsächlich dürfte das realisierte Wachstum näher bei 2,7 % liegen (siehe Grafik). Der Markt reagierte mit einer nicht minder beeindruckenden Beschleunigung des Gewinnwachstums je Aktie im S&P 500, sodass die im Vorjahr formulierten Erwartungen in sieben der letzten acht Quartale übertroffen wurden. Unser Eindruck ist, dass sich der Konsens sowohl in makroökonomischer Hinsicht als auch bezüglich der Märkte für das Jahr 2025 deutlich aufgehellt zu haben scheint. Die Prognosen für das US-BIP fußen auf einer höheren Ausgangsbasis im Vergleich zu 2023 und 2024. So lautet die Konsenserwartung auf ein Wirtschaftswachstum von 2,1 % (wobei AXA IM von 2,3 % ausgeht). Bloomberg zufolge stehen die Medianerwartungen für den S&P 500 Ende 2025 bei 6.600 Punkten - eine bemerkenswerte Stimmungsverschiebung angesichts der eher verhaltenen ursprünglichen Erwartung für Ende 2024 von 4.800 Punkten. Folglich werden wir trotz eines über dem Potenzial liegenden BIP-Wachstums ohne den starken "Überraschungseffekt" der beiden letzten Jahre auskommen müssen. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Aktienmarktperformance im Jahr 2025 enttäuschend ausfallen wird. Allerdings ist die Hürde für ein weiteres Plus um über 20 % unverkennbar hoch.
Ecaterina Bigos, CIO Asia ex-Japan: Ungleiches Tempo in einer multipolaren Welt Ungleiche makroökonomische und geopolitische Dynamiken dürften zu einem zunehmend komplexen Bild der asiatischen Volkswirtschaften im Jahr 2025 führen, was eine durchdachte Handhabung der Fiskal- und Geldpolitik erforderlich macht.
Angesichts der Verlangsamung der Industrietätigkeit, der Nachfrage in den Städten und der privaten Investitionen hat sich das Vertrauen in das Wachstum Indiens eingetrübt. Mit Blick auf die zunehmend erforderliche Haushaltskonsolidierung könnte eine gewisse geldpolitische Lockerung geboten sein. Allerdings notiert die Inflation über dem Zielwert und ist heftigen wetterbedingten Sprüngen bei den Lebensmittelpreisen ausgesetzt. Als eine der am stärksten auf den asiatischen Binnenmarkt ausgerichteten Volkswirtschaften mit einem relativ beschränkten Kapitalverkehr und Außenhandel ist Indien weniger anfällig für direkte Handelsspannungen.
Aufgrund externer Faktoren war Südkorea schon vor den politischen Turbulenzen im Dezember einem zunehmenden Risiko ausgesetzt. Der Abschwung im globalen Fertigungssektor, Abwärtsrisiken für Automobilexporte und die unsichere Entwicklung hinsichtlich der drohenden US-Zölle setzen dem Wachstum zu. Binnenwirtschaftlich schwächelt die Verbrauchernachfrage, was sich durch den wahrscheinlichen Rückgang bei den Reisen in das Land noch verschärfen dürfte. Während die Fiskalpolitik über Spielraum verfügt, um die Nachfrage anzukurbeln, sind in der Geldpolitik aufgrund der hohen Verschuldung der Privathaushalte die Möglichkeiten begrenzt.
Taiwan behauptet sich wirtschaftlich gut, wobei die Dynamik im Jahresvergleich größeren Hemmnissen ausgesetzt ist. Das Wachstum wurde von der Nachfrage nach Halbleitern und Servern sowie der guten Berechenbarkeit bei den Auftragseingängen begünstigt.
Sowohl die Nachfrage nach Hochleistungsrechnern als auch die Investitionen dürften anhalten, da in den Lieferketten mit Bezug zu künstlicher Intelligenz Kapazitäten aufgebaut werden. Exporte nicht technologischer Güter sind Gegenwinden ausgesetzt, und der Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA dürfte künftig auf den Prüfstand gestellt werden. Was die Geldpolitik betrifft, so wird die Wirkung einer möglichen Lockerung aufgrund von Hebeleffekten am Wohnimmobilienmarkt begrenzt.