Bonn (ots) -
Am 27. Januar 2025 jährt sich zum 80. Mal die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee. Aus Anlass dieses Gedenktages erklärt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing:
"1940 errichtet, um die polnische Intelligenz zu internieren, entwickelte sich das Konzentrationslager Auschwitz mit dem ihm angeschlossenen Lager Birkenau zum größten NS-Vernichtungslager, in dem über eine Million Menschen zu Tode gebracht wurden, darunter Polen, sowjetische Kriegsgefangene, Sinti und Roma, Kommunisten, Menschen mit Beeinträchtigungen und Homosexuelle. Die meisten der Ermordeten waren jüdische Menschen. Auschwitz ist daher zum Synonym für die Shoah geworden, die systematische Verfolgung und industrielle Ermordung der Juden in den von den Deutschen besetzten Ländern Europas. Die Berichte der Überlebenden beschreiben ein Universum des Todes, in dem die Inhaftierten aller Rechte beraubt, der Willkür der Wachmannschaften ausgeliefert waren und ihrem Leben jeder Wert und alle Würde genommen wurde.
Die Erinnerung an Auschwitz und die moralische Verpflichtung, dass Auschwitz sich nicht wiederholen darf, prägen die politische Kultur Deutschlands und Europas. Sie sind eingeflossen in die rechtsstaatliche Demokratie, die die Würde und die Rechte des Menschen zur Grundlage allen politischen Handelns macht, und in eine internationale Ordnung, die, so unvollkommen sie sein mag, das Handeln der Staaten an rechtliche Grundsätze bindet und Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord zu verhindern und zu ahnden sucht.
Mit Erschrecken müssen wir feststellen, dass sich in den vergangenen Jahren politische Bewegungen und Parteien gesellschaftlich etablieren konnten, die die rechtsstaatlichen Grundlagen der Demokratie und das internationale Recht offensiv in Frage stellen und dort, wo sie regieren, nicht selten demonstrativ missachten. In Teilen der Öffentlichkeit und der sozialen Medien ist die Erinnerung an Auschwitz verblasst, herrscht eine Rhetorik der Verachtung gegenüber Minderheiten und Andersdenkenden, werden bewusst Falschinformationen und Lügen verbreitet.
Dieser Entwicklung dürfen wir nicht widerspruchs- und tatenlos zusehen. Die rechtsstaatliche Demokratie beruht auf einer politischen Kultur, die den Respekt vor dem anderen, die Unterscheidung von Wahrheit und Lüge, von Recht und Unrecht pflegt. Es bleibt unsere Aufgabe, die Erinnerung an Auschwitz wachzuhalten. Wo über Minderheiten oder Schwache im Ton der Verachtung gesprochen wird, ist unser deutlich hörbarer Widerspruch gefordert. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Gleichheit der Menschen infrage gestellt wird.
Es ist zutiefst beschämend, dass auch 80 Jahre nach Auschwitz Jüdinnen und Juden unter antisemitischen Vorurteilen und Angriffen leiden müssen. Nach dem 7. Oktober 2023 hat der Antisemitismus sogar deutlich zugenommen. Der staatliche Schutz jüdischer Einrichtungen ist notwendig. Doch wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass jüdisches Leben nur unter Polizeischutz stattfinden kann. Der Kampf gegen Antisemitismus ist Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger. Wir müssen im Alltag den dumpfen Vorurteilen widersprechen und mit Zivilcourage denen beistehen, die verbal oder physisch angegriffen werden. Angriffe auf Jüdinnen und Juden sind auch Angriffe auf unsere Demokratie. Die geschichtliche Erfahrung lehrt, dass der Hass sich oft zunächst gegen Juden und bald auch gegen andere richtet. Es braucht die Erinnerungskultur an Auschwitz und an die gesellschaftlichen Entwicklungen, die zu Auschwitz geführt haben. Diese Erinnerung verbindet und trägt zur Heilung bei. Sie ist zugleich eine Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben in Europa."
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Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz
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Kaiserstraße 161
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Am 27. Januar 2025 jährt sich zum 80. Mal die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee. Aus Anlass dieses Gedenktages erklärt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing:
"1940 errichtet, um die polnische Intelligenz zu internieren, entwickelte sich das Konzentrationslager Auschwitz mit dem ihm angeschlossenen Lager Birkenau zum größten NS-Vernichtungslager, in dem über eine Million Menschen zu Tode gebracht wurden, darunter Polen, sowjetische Kriegsgefangene, Sinti und Roma, Kommunisten, Menschen mit Beeinträchtigungen und Homosexuelle. Die meisten der Ermordeten waren jüdische Menschen. Auschwitz ist daher zum Synonym für die Shoah geworden, die systematische Verfolgung und industrielle Ermordung der Juden in den von den Deutschen besetzten Ländern Europas. Die Berichte der Überlebenden beschreiben ein Universum des Todes, in dem die Inhaftierten aller Rechte beraubt, der Willkür der Wachmannschaften ausgeliefert waren und ihrem Leben jeder Wert und alle Würde genommen wurde.
Die Erinnerung an Auschwitz und die moralische Verpflichtung, dass Auschwitz sich nicht wiederholen darf, prägen die politische Kultur Deutschlands und Europas. Sie sind eingeflossen in die rechtsstaatliche Demokratie, die die Würde und die Rechte des Menschen zur Grundlage allen politischen Handelns macht, und in eine internationale Ordnung, die, so unvollkommen sie sein mag, das Handeln der Staaten an rechtliche Grundsätze bindet und Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord zu verhindern und zu ahnden sucht.
Mit Erschrecken müssen wir feststellen, dass sich in den vergangenen Jahren politische Bewegungen und Parteien gesellschaftlich etablieren konnten, die die rechtsstaatlichen Grundlagen der Demokratie und das internationale Recht offensiv in Frage stellen und dort, wo sie regieren, nicht selten demonstrativ missachten. In Teilen der Öffentlichkeit und der sozialen Medien ist die Erinnerung an Auschwitz verblasst, herrscht eine Rhetorik der Verachtung gegenüber Minderheiten und Andersdenkenden, werden bewusst Falschinformationen und Lügen verbreitet.
Dieser Entwicklung dürfen wir nicht widerspruchs- und tatenlos zusehen. Die rechtsstaatliche Demokratie beruht auf einer politischen Kultur, die den Respekt vor dem anderen, die Unterscheidung von Wahrheit und Lüge, von Recht und Unrecht pflegt. Es bleibt unsere Aufgabe, die Erinnerung an Auschwitz wachzuhalten. Wo über Minderheiten oder Schwache im Ton der Verachtung gesprochen wird, ist unser deutlich hörbarer Widerspruch gefordert. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Gleichheit der Menschen infrage gestellt wird.
Es ist zutiefst beschämend, dass auch 80 Jahre nach Auschwitz Jüdinnen und Juden unter antisemitischen Vorurteilen und Angriffen leiden müssen. Nach dem 7. Oktober 2023 hat der Antisemitismus sogar deutlich zugenommen. Der staatliche Schutz jüdischer Einrichtungen ist notwendig. Doch wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass jüdisches Leben nur unter Polizeischutz stattfinden kann. Der Kampf gegen Antisemitismus ist Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger. Wir müssen im Alltag den dumpfen Vorurteilen widersprechen und mit Zivilcourage denen beistehen, die verbal oder physisch angegriffen werden. Angriffe auf Jüdinnen und Juden sind auch Angriffe auf unsere Demokratie. Die geschichtliche Erfahrung lehrt, dass der Hass sich oft zunächst gegen Juden und bald auch gegen andere richtet. Es braucht die Erinnerungskultur an Auschwitz und an die gesellschaftlichen Entwicklungen, die zu Auschwitz geführt haben. Diese Erinnerung verbindet und trägt zur Heilung bei. Sie ist zugleich eine Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben in Europa."
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