BERLIN (dpa-AFX) - Umfassende Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, wie sie Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) fordert, wären aus Sicht des Bundesinnenministeriums kontraproduktiv und europarechtlich nicht machbar. "Das geht aus Sicht der Bundesregierung nicht", sagte Ministeriumssprecher Maximilian Kall.
Erstens würde es die Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten aufs Spiel setzen. Zweitens könne sich Deutschland gegenüber der Europäischen Union nicht, wie von der CDU/CSU behauptet, auf eine außergewöhnliche Notlage berufen. Denn dafür müsse eine schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nachgewiesen werden. Im vergangenen Jahr seien aber deutlich weniger Asylgesuche in Deutschland gestellt worden als in den Vorjahren.
Im Schengen-Raum sind Grenzkontrollen eigentlich nicht vorgesehen. Seit September 2024 kontrolliert die Bundespolizei auf Anordnung von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) dennoch an allen Landgrenzen. An den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz gibt es stationäre Kontrollen schon seit Mitte Oktober 2023, an der deutsch-österreichischen Landgrenze wurden sie bereits 2015 eingeführt. Registriert wurden 2024 laut vorläufigen Zahlen rund 83.000 unerlaubte Einreisen - nach rund 127.500 im Jahr 2023. Mehr als jeder zweite aufgegriffene Ausländer (rund 46.750) wurde zurückgewiesen. Wer ein Asylgesuch stellt und keine Einreisesperre hat, kann einreisen. Das will Merz ändern.
Innenministerium warnt vor Konfrontation mit Nachbarstaaten
"Auch das, was es im Moment schon an Zurückweisungen gibt, würde man riskieren durch ein solches konfrontatives Vorgehen gegen unsere Mitgliedstaaten", sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums. Die Kooperation mit den Nachbarstaaten - etwa gemeinsame Streifen - wären durch einen solchen nationalen Alleingang gefährdet. Da Regierungsvertreter aus Nachbarländern wie Österreich und Polen bereits angekündigt hätten, sich gegen umfassende Zurückweisungen Deutschlands sperren zu wollen, hätte ein solches Vorgehen auch nicht den beabsichtigten Effekt, da eine lückenlose Grenzkontrolle nicht möglich sei.
Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Günter Krings, sagte dagegen: "Wir hätten diese Anträge nicht gestellt, wenn wir Zweifel gehabt hätten, dass wir hier gegen Europarecht oder Verfassungsrecht verstoßen." Die Union will diese Woche mehrere Vorschläge im Bundestag zur Abstimmung stellen. Dabei geht es unter anderem um umfassende Zurückweisungen und mehr Befugnisse für die Bundespolizei. In einem der Anträge heißt es, wer nicht freiwillig ausreise oder abgeschoben werden könne, solle in unbefristeten Ausreisearrest genommen werden können./abc/DP/mis