
"Feurio! Feurio!" Laut schallt der Warnruf über den Platz. Die Nachbarn eilen aus den Häusern: Schmied und Bäcker, Fahrensmann und Langschläfer im Nachthemd. Gemeinsam ziehen sie die Feuerspritze zum Brandort und füllen Wasser aus Bottichen ein. Auf Kommando heben und senken sich die Hebel, bis aus dem glänzenden Strahlrohr Wasser auf die Feuersbrunst zischt. Die Vorführung einer historischen Handdruckfeuerspritze von 1884 war eindrucksvoller Höhepunkt des 10. Feuerwehrhistorischen Fachseminars des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) im Deutschen Feuerwehr-Museum in Fulda.
Nicht nur die Vorführung der Freiwilligen Feuerwehr Künzell-Bachrain (Hessen) unter der Leitung von Bernd Heil zeigte es: Handdruckfeuerspritzen haben über Jahrhunderte hinweg einen bedeutenden Einfluss auf die Brandbekämpfung ausgeübt. Durch den Einsatz von Muskelkraft wurden bemerkenswerte Leistungen in der Löschtechnik erzielt. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts waren sie weit verbreitet und sind bis heute in zahlreichen Ausstellungen und Museen zu finden. Das 10. Feuerwehrhistorische Fachseminar des DFV beschäftigte sich nun mit verschiedenen Aspekten dieser Geräte. Neun Fachvorträge sowie eine praktische Demonstration beleuchteten das Thema aus drei Perspektiven: "Historisches", "Restaurierung" und "Wettbewerbe mit Handdruckfeuerspritzen".
"Gerade auch mit Blick auf die aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen ist es wesentlich, sich mit der eigenen Geschichte zu befassen", stellte DFV-Vizepräsident Frank Hachemer eingangs heraus. Mit Blick auf das Deutsche Feuerwehr-Museum (DFM) informierte er über die anstehenden großen Veränderungen: Es soll mit der THW-historischen Sammlung gemeinsam, modern und vernetzt zusammengeführt werden. Frank Wörner, Fachbereichsleiter Brandschutz- und Feuerwehrgeschichte im DFV, organisierte und moderierte die Veranstaltung.
Joachim Jaretzki (Thüringer Feuerwehrverband) beschrieb in seinem Grundlagenvortrag die Entwicklung der Handdruckspritze bis zum Beginn ihrer industriellen Fertigung. Er spannte den Bogen von der Stockspritze bis hin zu von Dampfmaschinen betriebene Spritzen. Von Stellmachern gefertigte Holzspritzen wurde abgelöst von solchen aus Metallguss. Gert Schöbel, Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbandes (LFV) Sachsen, berichtete anhand von ausführlichen Archivrecherchen über Handdruckspitzenhersteller in Ostsachsen am Beispiel der Stadt Radeberg. Beispielsweise stellte das Unternehmen G. A. Händel aus Dresden im Jahr 1884 eine vierrädrige Spritze her, die 240 Liter pro Minute bei einer Wurfweite von 33 Metern lieferte. Dr. Moritz Jungbluth, stellvertretender Fachbereichsleiter Brandschutz- und Feuerwehrgeschichte des LFV Rheinland-Pfalz und Obmann des Arbeitskreises Feuerwehrmuseen im DFV, erzählte die spannende Geschichte einer 1792 in Neuwied gebauten Feuerspritze vom Rhein nach Nordamerika.
Über die Restaurierung von Handdruckfeuerspritzen sprach der langjährige DFM-Leiter und Historiker Rolf Schamberger. Dabei beschrieb er den Spagat zwischen Konservierung und Restaurierung. Schamberger vertrat die Ansicht, dass man eher den Zustand der Außerdienststellung erhalten sollte, anstatt das Exponat in den "Originalzustand" zu versetzen. Die aufwändige Restaurierung der Patent-Saugfeuerspritze Nr. 605 der Firma Kurtz beschrieb Thomas Krause von der Freiwilligen Feuerwehr Lüneburg. Da er sich auch mit Oldtimern im Allgemeinen befasst, verfügt er über ein großes Wissen und viel Know-how. Anhand der Erläuterung der einzelnen Arbeitsschritte mit vielen neu zu fertigenden Teilen beschrieb er den langwierigen Prozess.
Welche Details bei der Bewertung von Handdruckfeuerspritzen-Wettbewerben relevant sind, schilderte Harald Pflüger, Fachgebietsleiter Brandschutzgeschichte des LFV Baden-Württemberg. In seinem Bundesland werden derartige Wettbewerbe bereits seit 40 Jahren durchgeführt und inzwischen nach sieben Kriterien bewertet, die der Redner ausführlich beschrieb. Über Handdruckspritzen-Wettbewerbe in Nordrhein-Westfalen referierte Bernd Klaedtke, Fachberater Feuerwehrgeschichte im Verband der Feuerwehren in NRW. Neben den organisatorischen Hinweisen wies Klaedtke darauf hin, dass diese Wettbewerbe eine gute Werbemöglichkeit für die Feuerwehren darstellen. Den doch recht mühsamen Weg bei der Erfassung von Handdruckfeuerspritzen im LFV Sachsen beschrieb Karsten Hieke, Fachbereichsleiter Brandschutzgeschichte des LFV Sachsen. Derzeit sind dort 60 Handdruckspritzen unterschiedlicher Qualität verzeichnet. Unter dem Slogan "Die Pumpe muss an die frische Luft" erläuterte Guido Vortmann, Leiter der Spritzenrotte Altlünen, FF Lünen und Selm, die Organisation eines Handdruckfeuerspritzen-Wettbewerbs. Neben organisatorischen Details sprach der Redner dem Rahmenprogramm große Bedeutung zu, da es das Publikum länger an den Veranstaltungsort binde.
Frank Wörner bedankte sich bei allen Protagonisten, die zum Erfolg der Fachveranstaltung beitrugen, ganz besonders beim THW Ortsverband Hünfeld. DFM-Leiter Bernd Müller-Strauß freute sich über den erfolgreichen Test neuer Medientechnik, die eine zweiseitige Präsentation ermöglichte und so das Portfolio des Leitmuseums der deutschen Feuerwehren für Veranstaltungen erweitert. Bernd Klaedtke, stellvertretender DFV-Fachbereichsleiter Brandschutz- und Feuerwehrgeschichte, zog zum Abschluss ein überaus positives Resümee des informativen Tages: "Die aus ganz Deutschland angereisten 90 Feuerwehrhistoriker nutzten die Veranstaltung zur fachlichen Fortbildung, aber auch zum Netzwerken." Für Klaedtke gab es eine persönliche Überraschung: Er wurde im Deutschen Feuerwehr-Museum für seinen jahrzehntelangen Einsatz für die Feuerwehrhistorik auf Landes-, Bundes- und internationaler Ebene mit dem Deutschen Feuerwehr-Ehrenkreuz in Gold ausgezeichnet.
Ausblick: Die Feuerwehrhistorischen Fachseminare des DFV widmen sich in jedem Jahr einem anderen Schwerpunkt, etwa mit "Deutsche Feuerwehrtage: Analoge Netzwerke im Spiegel ihrer Epochen", "Feuerwehr und Brandschutz in historischen Filmen" und nun "Handdruckfeuerspritzen". Das Veranstaltungsformat wird jährlich im Wechsel vom Referat 11 - Brandschutzgeschichte - der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) und dem Fachbereichs Brandschutz- und Feuerwehrgeschichte des DFV organisiert. Das nächste Seminar befasst sich am 14. März 2026 in Fulda mit den "Feuerwehren in der Weimarer Republik". Informationen gibt es unter https://www.feuerwehrverband.de/veranstaltungen/feuerwehrhistorisches-fachseminar/.
(Günter Fenchel, DFV-Presseteam)
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