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Einmal hoch und wieder runter, bzw. vom DAX-Riesen zum Juristen-Magneten-Zwerg. Nachfolgend erfahren Sie, warum viele Anleger jetzt die Nerven verlieren und wieso manche trotzdem cool bleiben. Stellen Sie sich einmal vor, Sie kaufen ein Unternehmen für 60 Milliarden US-Dollar und dann explodiert es - implodiert passt auch. Es vernichtet nicht nur sich selbst, sondern auch noch mehr. So ungefähr läuft es bei Bayer. Die neueste Hiobsbotschaft: Ein US-Gericht hat den Konzern zur Kasse gebeten. Satte 2,1 Milliarden US-Dollar Schmerzensgeld wegen des umstrittenen Unkrautkillers Roundup. Die Reaktion der Aktie: Abgestürzt wie ein Stein. Doch zwischen Horrorzahlen und Berufungshoffnung gibt es Überraschungen. Ist Bayer jetzt doch eine Kaufchance, oder ein Fall für die Pleiteliste? Wir zerlegen für Sie die Fakten und verraten Ihnen, warum selbst Profis jetzt heiß diskutieren und zwiegespalten sind.
Glyphosat-Albtraum: Bayer zahlt, zahlt, zahlt - und die Börse weint
Bayer hat es mal wieder erwischt. Die Story liest sich wie ein schlechter Film. Ein US-Kläger behauptet, durch Roundup Krebs bekommen zu haben und "kassiert" dank Geschworenenurteil fast 2 Milliarden US-Dollar. Das Problem ist aber, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist, denn über 60.000 ähnliche Klagen schlummern noch in US-Gerichten. Und Bayer sitzt derweil auf einem Berg von 5,9 Milliarden US-Dollar an gebildeten Rückstellungen - falls es noch teurer wird.
Dabei sollte die Übernahme von Monsanto 2018 eigentlich ein Geniestreich werden. Stattdessen wurde sie zum finanziellen Super-GAU. "Wir gehen in Berufung!", so Bayer-Chef Bill Anderson. Seine Argumente: Wissenschaftliche Studien stützen die Krebsvorwürfe nicht, Behörden weltweit sehen kein Risiko. Doch die Kläger-Anwälte kontern: "Bayer versteckt sich hinter Bürokratie - und ignoriert die Opfer." Für Aktionäre ist das Chaos Gift. Seit dem Monsanto-Deal hat die Aktie über 70 Prozent an Wert verloren. Jeder neue Prozess ist ein Bangen und Hoffen. Und die Frage bleibt: Wie viele Milliarden müssen noch fließen, bevor Ruhe einkehrt?
Fundamentale Zerrissenheit: Cash vs. Chaos
Bayer ist aktuell noch nicht pleite. Das operative Geschäft läuft trotz allem derzeit recht stabil. Der Pharma-Bereich mit Blockbustern wie dem Blutverdünner Xarelto oder Augentropfen Eylea spült weiter Milliarden in die Kasse. Auch die Agrarsparte (Saatgut, Pestizide) bleibt profitabel. Kurzum: Ein Cashflow ist da.
Aber die Glyphosat-Lawine frisst alles auf und vielleicht auch noch mehr. Bisher hat Bayer schon 10 Milliarden US-Dollar für Klagen rausgehauen. Die neue Strafe? Soll laut Konzern in der Berufung gekippt oder radikal gekürzt werden. Erfahrung gibt Hoffnung: In früheren Fällen wurden Strafen um bis zu 90 Prozent reduziert. Doch die Unsicherheit bleibt. Und die Börse hasst Unsicherheit. Zudem drückt die Schuldenlast. Die Monsanto-Übernahme war hoch verschuldet und jedes Urteil verzögert die Entschuldung. Bis 2026 will Bayer die Klagen "merklich reduzieren". Ob dies klappt ist fraglich. Doch Anderson kämpft an vielen Fronten. Macht Lobbyarbeit in Washington, strafft das Kostenmanagement und versucht den Konzern nach vorne auszurichten.
Chart-Check: Talfahrt mit Zwischenstopp - oder doch Totalschaden?
Beim Blick auf den Chart wird es unschön. Seit 2018 geht es bergab, was ja keine Überraschung bei den Nachrichten ist. Doch seit dem Crash auf 18,40 Euro (November 2024) gab es eine leichte Erholung bis in die Region um 24 bis 25 Euro. Charttechniker sehen jetzt ein kritisches Level bei 22 Euro. Bricht die Aktie hier ein, könnte es weiter in Richtung 15 Euro rutschen. Ein Horror-Szenario, aber durchaus im Bereich des Möglichen.
Der RSI zeigt aktuell an, dass die Aktie in der unteren Neutralzone liegt. Das heißt zwar viel Platz nach oben, aber eben noch im Abwärtstrend und auch noch einiges an Luft nach unten bis zur Überverkauftzone. Viele haben die Erholung zuletzt gekauft, könnten aber jetzt auch wieder gezwungen sein, nach den Nachrichten, die Reißleine zu ziehen, denn solange der Abwärtstrend nicht bricht (Signal wäre ein nachhaltiger Durchbruch über 30 Euro), bleibt jeder Aufwärtstrend ein Zucken der sterbenden Katze. Interessant ist aber hierbei, dass einige Analysten trotzdem die Stellung bei Bayer halten mit dem Argument, dass Bayer fundamental unterbewertet sei. Der Börsenwert liegt deutlich unter dem Konzernumsatz.
Aber wir sehen das ein wenig anders, denn die Klagen-Risiken könnten die Bewertung ins Bodenlose befördern.
Wie sich verhalten?
Bayer ist ein Zocker-Paradies mit komplett hohem Risiko. Fundamental gibt es einen netten Cashflow, und die Kerngeschäfte laufen. Aber: Die Glyphosat-Schlinge würgt weiter. Jede neue Klage kann den Kurs crashen lassen. Charttechnisch hängt die Aktie am seidenen Faden. Ein Halten bei 22 Euro? Möglich, aber ein Bruch darunter? Alarmstufe Rot.
- Für Risiko-Fans: Kleine Positionen könnten sich lohnen - falls die Berufung Erfolg hat und die Klagen abebben. Aber: Nur mit langem Atem und starken Nerven und gutem Risikomanagement
- Für Sicherheitsliebhaber: Finger weg! Die Unsicherheit ist zu groß, die Dividende fehlt. Es gibt stabilere Pharma-Werte.
Bayer bleibt aktuell ein Drama mit offenem Ende.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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