
"Das Gesundheitssystem bleibt ohne Reformen ein Fass ohne Boden", sagte der TK-Vorstandsvorsitzende der Funke-Mediengruppe (Dienstagsausgaben). "Die Ausgaben liegen 65 Milliarden Euro über den Einnahmen, vor zehn Jahren waren es noch etwa 28 Milliarden Euro." Solange sich diese Schere weiter öffne, "wird der Beitragssatz immer weiter steigen". Damit die Krankenkassenbeiträge sinken, "bräuchte es grundlegende Reformen".
Selbst wenn eine neue Bundesregierung Milliarden aus dem Sondervermögen für die Klinikreform und für Bürgergeldempfänger bezahlte, würde dies die Beiträge allenfalls ein Jahr stabilisieren und "im nächsten Jahr einen Beitragssprung verhindern", so Baas. "Ein großer Treiber sind die Medikamentenpreise. Allein 2024 stiegen die Ausgaben hier um zehn Prozent." Sie hätten sogar die Ausgaben für ärztliche Versorgung überholt.
Baas kritisierte die Medikamentenpreise in Deutschland insbesondere bei Originalpräparaten als "überzogen, es sind weltweit die höchsten". Vor allem bei Gentherapien gingen "die Kosten für viele Medikamente in den sechs- bis siebenstelligen Bereich". Bei den Generika, also den Nachahmerpräparaten, seien die Preise dagegen deutlich niedriger. "Wir bekommen für Generika derzeit bis zu 95 Prozent Rabatt - und die Konzerne machen immer noch Gewinn."
Der TK-Chef fordert die Politik auf, sich für eine "faire Verhandlungsposition" der Krankenkassen gegenüber der Pharmaindustrie einzusetzen. "Es muss endlich eine vernünftige Preisfindung geben. Vernünftig heißt: Die Konzerne sollen fair bezahlt werden und ordentliche Gewinne machen, aber eben nicht beliebig hohe", forderte Baas. Die Pharmafirmen hätten derzeit "die viel stärkere Verhandlungsposition und können uns als Gesellschaft ein Stück weit erpressen, indem sie drohen, Medikamente in Deutschland vom Markt zu nehmen oder Standorte ins Ausland zu verlagern."
Baas hält eine Revolution im deutschen Gesundheitssystem für dringend nötig. "Es ist viel zu unkoordiniert. Wenn das Gesundheitssystem ein Unternehmen wäre, müsste man den Vorstand rausschmeißen", sagte Baas. "Jeder, der nach einem Krankenhausaufenthalt zur Nachsorge in eine ambulante Praxis geht, weiß, dass die Informationen nur schlecht und oft sehr spät vom einen in den anderen Bereich fließen. Aktuell arbeitet jeder inselartig für sich." Mehr Koordination und Kooperation wären für Patienten besser und würden außerdem Geld sparen.
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