
FRANKFURT (dpa-AFX) - Wachsender Optimismus für die europäische Stahlbranche hat am Dienstag die starke Erholung der Thyssenkrupp -Aktie weiter vorangetrieben. Dabei nahm sie kurz nach dem Handelsstart die Hürde von 10 Euro und nähert sich wieder ihrem jüngsten Zwischenhoch. Bei knapp unter 11 Euro war das Papier am 19. März auf den höchsten Stand seit November 2021 geklettert. Die angekündigten Investitionen in Rüstung und Infrastruktur sowie der US-Handelskrieg sind die Haupttreiber, die auch den Sektor im Allgemeinen derzeit weiter hochtreiben.
Gegen Mittag legte die Aktie von Thyssenkrupp im steigenden Gesamtmarkt 9,8 Prozent auf 10,38 Euro zu. Die Aktie des Konkurrenten Salzgitter gewann 5,3 Prozent auf 24,72 Euro und die des Stahlhändlers Klöckner & Co rückte um 5,4 Prozent auf 7,77 Euro vor. Alle drei gehören zu den Top-Favoriten der Anleger im bisher noch jungen Jahr. So nimmt Thyssenkrupp mit einem Plus von 165 Prozent seit Jahresbeginn den ersten Platz unter den MDax-Werten ein.
Im SDax hat den ersten Platz die KlöCo-Aktie inne, mit plus 76 Prozent. Salzgitter ist seit Jahresbeginn um 58 Prozent gestiegen und ist damit der viertstärkste Wert im Nebenwerte-Index.
Auch europaweit blieb die Stimmung im Sektor gut: Voestalpine, ArcelorMittal oder SSAB stiegen am Dienstag ebenfalls deutlich zwischen 2,4 und 4,0 Prozent.
"Bei Thyssenkrupp kommen derzeit gleich mehrere positive Aspekte zusammen", erklärte Aktienexperte Andreas Lipkow den guten Lauf der Papiere. So helfe es, dass die Marinesparte als Rüstungskonzern gesehen werde und dadurch beim geplanten Börsengang mit einem Bewertungsaufschlag versehen werden könnte. Zusätzlich führten die geplanten US-Strafzölle zu höheren internationalen Stahlpreisen, wodurch es zu einer grundlegenden Neuordnung auf dem Stahlmarkt kommen könnte. "Die bisherigen Dumpingpreise ließen sich dann in der bisherigen Form kaum noch durchdrücken und davon können auch europäische Stahlproduzenten wie ThyssenKrupp profitieren."
Tags zuvor hatte sich nach bereits zahlreichen vorangegangenen positiven Analystenstudien zu europäischen Stahlherstellern nun auch Boris Bourdet von Kepler Cheuvreux entsprechend geäußert. Wie viele andere Analysten auch sieht er die Stahlbranche Europas angesichts des eskalierenden US-Handelsstreits und vor allem auch der von EU und Deutschland angekündigten Investitionsmaßnahmen in die Bereiche Rüstung und Infrastruktur vor einer Neubewertung. Womöglich werde auch die Volksrepublik China dazu gedrängt, ihr Überangebot an Stahl, mit dem sie den Weltmarkt flutet, zu stoppen, schrieb er.
Weitere Analysten, etwa Dominic O?Kane von JPMorgan oder Dirk Schlamp von der DZ Bank, sehen zudem durch einen Wiederaufbau der Ukraine im Falle eines Friedens und auch womöglich dadurch sinkende Energiepreise weitere Faktoren für eine Neubewertung. Denn: Frieden in der Ukraine könnte zu einer möglichen zusätzlichen Stahlnachfrage führen. Sinkende Preise für Strom und Gas sind obendrein hilfreich für die sehr energieintensive Stahlbranche.
"Insgesamt stehen die Zeichen für die Stahlbranche allgemein und den angeschlagenen Thyssenkrupp-Konzern im Besonderen seit langem mal wieder gut", resümierte Lipkow. "Bei Thyssenkrupp muss sich aber nun zeigen, ob das Management die aktuelle Lage zu nutzen weiß und der Konzern zudem weiter restrukturiert wird."/ck/nas/mis
DE0006202005, DE0007500001, AT0000937503, DE000KC01000, SE0000120669, LU1598757687