
Am 18. März erklärten die Verteidigungsminister Polens, Litauens, Lettlands und Estlands, dass sie den Austritt ihrer Länder aus der Ottawa-Konvention über das Verbot von Antipersonenminen erwägen. Umfassende Dokumentationen belegen, dass die Zivilbevölkerung am stärksten unter diesen Waffen leidet - und das in erschreckendem Ausmass: Laut Landminen-Monitor 2024 waren 85 % der Opfer im Jahr 2023 Zivilist:innen. Handicap International nutzt den heutigen Internationalen Tag der Minenaufklärung, um diese öffentliche Erklärung aufs Schärfste zu verurteilen und alle Vertragsstaaten des Minenverbotsabkommens aufzufordern, umgehend und entschlossen zu handeln, um eine katastrophale Verschlechterung des Schutzes der Zivilbevölkerung zu verhindern.
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Hinweis an die Redaktion:
- Daniel Suda-Lang, Geschäftsleiter von Handicap International Schweiz, steht für Interviews zur Verfügung.
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"Der 4. April ist dem Kampf gegen Landminen gewidmet. Dieser Tag erinnert daran, dass diese Waffen, die immer noch in 58 Ländern verbreitet sind, weiterhin hauptsächlich Zivilist:innen töten und verstümmeln - manchmal noch Jahre nach Konfliktende. Er bietet auch die Chance, die Fortschritte bei der Minenräumung und der Unterstützung der Opfer zu würdigen, die durch den Vertrag zum Verbot von Antipersonenminen von 1997 ermöglicht wurden", erklärt Daniel Suda-Lang, Geschäftsleiter von Handicap International Schweiz. "Dieses Jahr möchten wir zusätzlich unsere Empörung und tiefe Besorgnis zum Ausdruck bringen: Das Verbot dieser heimtückischen Waffen ist ernsthaft bedroht - durch ihren zunehmenden Einsatz und die bis vor Kurzem undenkbare Möglichkeit, dass Vertragsstaaten aus dem Abkommen austreten."
Alarmierende Rückkehr von Antipersonenminen
Antipersonenminen sind Waffen des Schreckens, die nicht zwischen Soldat:innen und Zivilist:innen unterscheiden können. Sie töten und verstümmeln häufig noch Jahre nach Konfliktende. Der Landminen-Monitor 2024 (https://www.the-monitor.org/reports/landmine-monitor-2024) berichtet, dass 2023 ganze 85 % der Opfer Zivilist:innen waren - darunter ein erschreckend hoher Anteil an Kindern.
Nach einem deutlichen Rückgang der Opferzahlen in den vergangenen Jahrzehnten nimmt der Einsatz von Antipersonenminen besonders durch die Konflikte in Syrien und der Ukraine wieder zu. Der Bericht belegt einen Anstieg der Verletzten und Getöteten um 22 % im Vergleich zu 2022, wobei 37 % der Opfer Kinder waren.
Die Ankündigung der US-Regierung vom November letzten Jahres, Minen an die Ukraine - einen Vertragsstaat des Abkommens - zu liefern, traf die internationale Gemeinschaft vollkommen unvorbereitet. Nun haben Polen, Litauen, Lettland und Estland ihre Absicht erklärt, aus der Ottawa-Konvention auszutreten, was jahrzehntelange Fortschritte beim Schutz der Zivilbevölkerung gefährdet. Dies könnte weitere Austritte nach sich ziehen und zur Normalisierung des Einsatzes dieser geächteten Waffen führen.
"Wir erkennen an, dass die Sicherheitsbedenken der osteuropäischen Staaten in der aktuellen instabilen Weltlage durchaus berechtigt sein können. Die jahrzehntelangen Bemühungen im Kampf gegen Landminen und Streumunition haben jedoch klar gezeigt: Nachhaltige Sicherheit kann nicht auf Waffen aufbauen, die wahllos töten, noch lange nach Kriegsende im Boden verbleiben, Zivilist:innen verstümmeln und die Lebensgrundlage ganzer Gemeinschaften zerstören", so Daniel Suda-Lang.
Gefährdeter Fortschritt: der Appell von Handicap International
Die Ottawa-Konvention stellt seit ihrer Verabschiedung 1997 einen bedeutenden Meilenstein im humanitären Völkerrecht dar. Sie hat sich zu einem Grundpfeiler internationalen Rechts entwickelt. Dank der Ratifizierung durch 164 Staaten konnten:
- Hunderttausende Menschenleben gerettet,
- über 50 Millionen gelagerte Minen vernichtet,
- mehr als 3300 Quadratmeter Land entmint und
- die jährlichen Opferzahlen um 80 % gesenkt werden.
Handicap International, 1997 für das Engagement gegen Minen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, erinnert daran, dass die Sicherheit der Zivilbevölkerung nicht auf Waffen basieren darf, die wahllos töten und verstümmeln.
Die Reaktionen der Unterzeichnerstaaten waren bestenfalls zurückhaltend, im schlimmsten Fall blieben sie gänzlich aus. Doch gerade in Zeiten von Konflikten müssen die Grundsätze des humanitären Völkerrechts Bestand haben. Die Regierungen müssen sich entschiedener für die Einhaltung der Ottawa-Konvention einsetzen und den Einsatz von Antipersonenminen in jeglichem Kontext unmissverständlich verurteilen.
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Über Handicap International
Handicap International (HI) (https://handicap-international.ch/de/index) ist eine internationale, unabhängige, gemeinnützige Organisation, die seit rund 40 Jahren in Situationen von Armut und sozialer Ausgrenzung, von Konflikten und Katastrophen interveniert. Sie unterstützt Menschen mit Behinderungen und besonders schutzbedürftige Menschen, damit ihre grundlegenden Bedürfnisse gedeckt werden, sich ihre Lebensbedingungen verbessern und ihre Würde und Grundrechte gestärkt werden.
Seit ihrer Gründung 1982 setzt sich HI in rund 60 Ländern mit Entwicklungsprogrammen ein und leistet Hilfe in unzähligen Notsituationen. Im Januar 2018 wurde das internationale Netzwerk Handicap International zu "Humanity & Inclusion". Das weltweite Netzwerk umfasst nationale Verbände mit dem Namen "Handicap International" in Frankreich, Deutschland, Belgien, Luxemburg und der Schweiz sowie unter dem Namen "Humanity & Inclusion" in Grossbritannien, Kanada und den USA.
In Genf symbolisiert Broken Chair (https://handicap-international.ch/de/broken-chair) den Kampf gegen Explosivwaffen und die Gewalt gegen die Bevölkerung in bewaffneten Konflikten. Das von Daniel Berset im Auftrag der Organisation geschaffene und vor den Vereinten Nationen aufgestellte Denkmal ist eine Mahnung an die internationale Gemeinschaft. Es erinnert die Staaten an ihre Verpflichtung, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten und die Zivilbevölkerung vor dem Einsatz von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten zu schützen.
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