
24.04.2025 -
- Anleihen sind noch immer eine der nützlichsten und flexibelsten Assetklassen, gerade in unsicheren Zeiten.
- In den letzten Jahren sind die laufenden Erträge von Anleihen deutlich gestiegen.
- Kurzfristig könnte die derzeitige Unsicherheit die Kurse dämpfen. Mittelfristig rechnen wir wegen der höheren Renditen aber mit attraktiveren Erträgen.
Gerade in wirtschaftlich und politisch unsicheren Zeiten können Anleihen für Portfolios sehr nützlich sein.
Der Markt ist aber nicht homogen. Manche Anleihen reagieren stärker auf den Zinsausblick, andere sind mehr mit Aktien korreliert.
Außerdem gibt es unterschiedliche Laufzeiten, sodass Investoren mit Anleihen Verbindlichkeiten absichern und künftige Cashflows decken können.
Die Zinsen von Anleihen sind entweder variabel, sodass sie sich kurzfristig ändern können, oder für einen bestimmten Zeitraum fixiert. Außerdem kann man sich mit Anleihenderivaten gegen Zins-, Kredit- und Währungsrisiken absichern, um die Portfolioerträge zu stabilisieren.
Hinzu kommen Verbriefungen von Hypotheken-, Automobil- und Verbraucherkrediten, verbriefte Bankkredite sowie strukturierte Instrumente wie Asset-Backed Securities und Leveraged Loans. Mit anderen Worten: Der Anleihenmarkt bietet jedem etwas.
Höherer laufender Ertrag
Ab 2022 haben die Notenbanken die Leitzinsen erhöht. Zuletzt waren sie wieder ähnlich hoch wie vor der Finanzkrise 2008/2009, mit der die Niedrigzinsphase begann. Nullzinsen und Quantitative Easing ließen die Renditen fallen und die Kurse steigen. Zunächst waren die Erträge daher durchaus ordentlich, doch ließ sich anschließend mit Anleihen nicht mehr viel verdienen. Dabei sind Anleihen eigentlich wegen ihrer berechenbaren laufenden Erträge interessant.
Doch jetzt steigen die laufenden Erträge wieder, weil die Renditen seit ihren Tiefs 2020 bis 2021 wieder zugelegt haben. Vom 31. März 2024 bis zum 31. März 2025 hat man mit dem amerikanischen Investmentgrade-Unternehmensanleihenindex 4,7% laufenden Ertrag erzielt.[i]
Europäische Investmentgrade-Anleihen verzeichneten 2,5%, und am High-Yield-Markt waren es 6,8% in den USA und 5,0% in Europa. Der Durchschnittscoupon europäischer Investmentgrade-Anleihen ist von seinem Tief von 1,45% im Jahr 2022 auf zurzeit 2,6% gestiegen.
Unternehmen zahlen wieder höhere Zinsen, um sich am Anleihenmarkt Geld zu leihen, und Investoren erhalten im Gegenzug höhere laufende Erträge. Mit Anleihen kann man daher wieder etwas verdienen - und Multi-Asset-Strategien lassen sich wieder besser diversifizieren. Die Zinsen dürften in den nächsten Quartalen zwar fallen, die laufenden Erträge von Anleihen aber noch einige Zeit stabil sein.
Geldpolitik
Die höheren Zinsen hatten großen Anteil an den Anleihenerträgen seit 2022. Doch jetzt wird die Wirtschaftslage unsicherer, was sich auch im Zinsausblick zeigt. Trumps Zollpolitik dürfte das Wirtschaftswachstum bremsen. Normalerweise reagiert eine Notenbank darauf mit einer lockereren Geldpolitik - und das ist auch unser Basisszenario.
Allerdings könnten die Zölle auch die Inflation treiben. Das muss die Notenbanken nicht unbedingt von Zinssenkungen abhalten, könnte aber für steilere Zinsstrukturkurven sorgen - so wie man es aus Rezessionszeiten kennt.
Wer eine höhere Teuerung fürchtet, könnte zum Schutz vor Verlusten in inflationsindexierte Staatsanleihen investieren, sogenannte Linker. Die Breakeven-Inflation ist seit Trumps Zollankündigungen am 2. April zwar gefallen, aber kurzlaufende Linker werden von steigenden Verbraucherpreisen profitieren, wenn die Zölle an die Verbraucher weitergegeben werden.
Generell gilt für Staatsanleihen, dass steilere Zinsstrukturkurven längerlaufende Titel interessanter machen. Zurzeit werden aktive Investoren für ein höheres Durationsrisiko aber kaum entschädigt. Die amerikanischen Zehnjahresrenditen sind nur knapp 50 Basispunkte höher als die Zweijahresrenditen, aber bei einer Rezession wären Zinsabstände von 250 bis 300 Basispunkten nicht ungewöhnlich. In Europa ist die Zinsstrukturkurve steiler, weil die EZB die Geldpolitik schon stärker gelockert hat. Aber auch hier ist sie im Vergangenheitsvergleich noch immer eher flach.
Risikomanagement
Langlaufende Staatsanleihen sind interessant für langfristige Anleger, die Rücklagen investieren wollen oder ihre Verbindlichkeiten mit Qualitätsaktiva absichern möchten. Wer hingegen vor allem Wert auf hohen Ertrag legt, wurde in den letzten Jahren enttäuscht. Das Risiko-Ertrags-Profil war wenig attraktiv.
Kurzfristig dürfte sich daran angesichts der Zweifel an den Staatsfinanzen vieler Industrieländern nur wenig ändern. Das sieht man auch am wachsenden Abstand zwischen Staatsanleihenrenditen und Swapsätzen, der für eine höhere Risikoprämie von Staatsanleihen spricht.[ii]
Das zeigte sich sowohl am amerikanischen, als auch am britischen und europäischen Anleihenmarkt. Dennoch kann man sich mit langlaufenden Staatsanleihen taktisch für bestimmte Konjunkturerwartungen positionieren. Wenn das Wirtschaftswachstum nachlässt, fallen meist die Zinserwartungen. Und wenn die Renditen um 50 Basispunkte nachgeben, verdient man mit zehnjährigen sehr viel mehr als mit zweijährigen Anleihen.
Zwei Parameter bestimmen die Anleihenmärkte: Zinsen und Kreditrisiken. Der Markt bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, um das zu nutzen und sich gegen steigende Zinsen und eine nachlassende Kreditqualität abzusichern.
Wegen des unsicheren Ausblicks könnte es sich jetzt anbieten, beide Risiken abzusichern. Kurzlaufende Qualitäts-Credits dürften Erträge über den fallenden Geldmarktzinsen bieten - und das bei eher geringen Reaktionen auf Änderungen der Zinserwartungen oder eine nachlassende Kreditqualität.
Die Erträge von Anleihenportfolios lassen sich durch eine höhere Credit-Quote steigern, also durch mehr Unternehmensanleihen, Loans und andere Credits. Dazu muss man aber die Kreditrisiken verstehen. Fundamental schätzen wir hochwertige Investmentgrade-Anleihen nach wie vor positiv ein. Die Unternehmen haben ihre Finanzen in den letzten Jahren sehr professionell gemanagt, sodass ihnen der Schuldendienst keine größeren Schwierigkeiten machen dürfte.
Außerdem bleiben die Märkte aufnahmefähig. Viele verschiedene Anleger interessieren sich für Unternehmensanleihen, Privatanleger ebenso wie die klassischen Käufer aus dem Versicherungs- und Pensionsfondssektor, denen vor allem Cashflows passend zu ihren Verbindlichkeiten wichtig sind.
Allerdings weiten sich die Spreads bei einer schwächeren Konjunktur meist aus, da Anleger wegen der dann oft nachlassenden Unternehmensgewinne und Cashflows höhere Risikoprämien verlangen. Das gilt vor allem für High Yield.
Traditionell sind Aktienindizes wie der S&P 500 und die High-Yield-Spreads eng miteinander korreliert.
Wenn Aktien weiter unter den schwächeren Konjunkturaussichten leiden, dürften sich auch die Spreads ausweiten.
Was bringt die Zukunft?
Wir glauben, dass sich die Qualität amerikanischer High-Yield-Anleihen in den letzten Jahren verbessert hat. Wir rechnen daher nicht mit einem Anstieg der Spreads auf die aus früheren Abschwüngen bekannten Extremwerte. Eine gewisse Ausweitung ist dennoch wahrscheinlich. Sie wäre aber wohl nur von kurzer Dauer und zugleich eine Chance, sich längerfristig deutlich höhere Erträge zu sichern.
Als etwa die Spreads im Februar 2016 auf 887 Basispunkte gestiegen waren, konnte man mit US-High-Yield im darauffolgenden Jahr 23% und in den folgenden drei Jahren 33% verdienen.
Aber auch hier gilt, dass der Anleihenmarkt nicht homogen ist. Er bietet alles, von geldmarktnahen, variabel verzinslichen Instrumenten mit einer höheren Kreditqualität bis zu Leveraged Loans, die sich ähnlich wie Small Caps verhalten.
Entsprechend vielfältig sind die Möglichkeiten. Man kann sich mit Festzinstiteln vor einer steigenden Inflation schützen, aber auch günstig kaufen, wenn sich die Wirtschaftslage gerade verschlechtert hat.
Die attraktivsten risikoadjustierten Erträge bieten traditionell Credits durch die Kombination aus (risikolosen) Zinsen, Laufzeitprämien und Spreads. Kurzfristig könnten sie wegen des unsicheren Ausblicks sicher an Wert verlieren. Mittelfristig sind wegen zurzeit hohen Renditen dann aber wieder attraktive Erträge möglich.
Mehr denn je dürften Anleihen mit ihren vielfältigen Ertragsquellen und unterschiedlichen Risiken für Anleger sehr interessant sein.
[i] Alle Performancedaten: LSEG Workspace DataStream, ICE Data Services, Bloomberg, AXA IM, Stand 15. April 2025, falls nicht anders angegeben. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für künftig Erträge. [ii] Der Swapsatz ist der Zinssatz eines Finanzkontrakts, bei dem zwei Kontrahenten über einen vorgegebenen Zeitraum Zinszahlungen austauschen